Marokko 2011

Früh werden wir geweckt, nach Frühstück und Zeltabbau geht es wieder an den Abstieg. Kein Vergleich mit dem Tag davor. Kein Schnaufen, Ächzen und Stöhnen. Michael und ich lassen uns trotzdem zurückfallen. So haben wir die Stille der Wüste wieder für uns.

Nach dem gemütlichen Abstieg, der wieder keinen Skorpion, wohl aber div. Mistkäfer vorhält, stürmen wir das Hotel und die Duschen. Lauwarmes Wasser spült den Saharasand aus Haaren und Augen, ein tolles Frühstück mit warmen Eiern, gerollten Pfannkuchen, KiriKiri-Käse (anderen Käse gibt es nach unserer Erfahrung nicht in Marokko), Marmelade, Margarine und Öl wird für uns serviert. Und nun klärt sich auch, was das seltsame Geräusch in der Nacht war. Am Rande des Erg Chebbi hat ein dreitägiges Musikfestival stattgefunden, das uzz-uzz der Techno-Musik der letzten Musiknacht schallte dabei bis in den frühen Morgen über die Wüste.
Martin drängt zum Aufbruch, er weiß, vor uns liegt noch eine lange Fahrt. Zurück geht es über den Wellblechsand, fehlende Pistenmarkierungen sorgen dafür, dass Martin sich leicht verfährt, aber dann finden wir die Straße doch.

In Rissani machen wir noch einmal Halt und haben nun etwas mehr Zeit für den Suk. Gestern hat Hartmut das Angebot einer Führung durch den Suk bekommen, heute nimmt er es wahr und wir schließen uns an, hier ist es wirklich sehr unübersichtlich. Wir bekommen den Eselparkplatz gezeigt, zwei kleine Tiersuks mit Schafen und Kühen, wir streichen durch überbaute dunkle Gassen, in denen alles angeboten wird, was mensch so braucht – oder auch nicht. Ich erstehe einen langen schwarz–bunt gebatikten Schal (der dann zu Hause bei mir im Zimmer als Vorhang sehr dekorativ vorm Fenster hängt), Hartmut steht der Sinn nach Grillfleisch: Kamel, Lamm und Rind werden erstanden. Neben uns am Fleischstand steht ein junger Berber in der üblichen traditionellen Kleidung, Turban und Jellabah, mit dem Handy am Ohr. Hier hat die Technik einen Entwicklungsschritt übersprungen. Ein Telefonleitungsnetz ist nie flächendeckend verlegt worden, der Handyempfang hingegen ist fast überall sehr gut.

Die Fahrt geht entlang des Hohen Atlas in Richtung Ouarzazate. Die Strecke führt wieder durch Sandwüste, seitlich begleitet von den schneebedeckten Gipfel des Jebel Ougnat und dem Jebel Saghro. Vereinzelte Akazienbäume und andere Büsche vermitteln einen Eindruck von Steppe, eigentlich gehören hier noch Giraffen, Elefanten und Antilopen hin, dann wäre das Bild perfekt. Doch schon die alten Römer haben dafür gesorgt, dass es hier kein Großwild mehr gibt.

Wir fahren wieder in den hohen Atlas hinein, der Bus muss klettern. An einem Aussichtspunkt halten wir und bewundern die Berge und Schluchten. Manche Bergkuppen sehen aus, als hätte ein Riese darauf gehauen, alles platt – so mancher dieser Bergkreise mutet wie ein großer Ufo-Landeplatz an. Weiter rechts sehen wir eine tiefe schwarze Schlucht, hier dürfte eine Menge Lava hinabgeflossen sein. Eigentlich wollen wir am El Mansour Eddahbi, einem großen See in der Nähe von Quarzazate, zelten. Aber wir sind ein bisschen spät dran und so suchen wir eine Stelle in den Bergen zum Campen. An einem trockenen Bachbett finden wir eine passende Stelle. Christian und Martin finden Holz für ein Grillfeuer und in einem mit Steinen ausgemauerten Loch machen sie ein Feuer. Ich habe ein wenig Bedenken, das Loch war gewiss für anderes vorgesehen, aber mein Einwand findet kein Gehör.

Nach einem kleinen Geplänkel um den besten Zeltplatz bauen wir unser Zelt auf und es wird schnell immer dunkler. Martin hockt am Grill und legt Lamm- und Kamelfleisch auf, das mit einem Mal doch nicht so reißend Absatz findet, wie gedacht. Mit der Dunkelheit frischt der Wind auf und schon wieder müssen wir im Bus essen. Ich befürchte mal wieder eine unruhige Nacht, aber unser Reiseleitungsteam findet doch noch den Windabstellknopf und so schlafen wir ruhig.

6:15 Uhr ist Wecken angesagt. Martin schmeißt die Musik an und mit verklebten Gehirnwindungen helfe ich beim Abbauen und Einpacken und werde langsam wach. Erst nachdem das Zelt verstaut ist, bekomme ich meinen ersten Kaffee. Morgens macht sich die Gruppe immer über mich lustig, ich sei ein Morgenmuffel? Die sollten mich mal erleben, wenn ich muffele!!  Heute steht wieder „fahren“ auf dem Programm. Wir wollen den Hohen Atlas queren. Ein grandioses Bergmassiv löst das andere ab. Wir kommen aus dem Staunen und Schauen nicht mehr heraus.

Schade, dass wir Ute nicht dabei haben. Sie könnte uns mit ihren geologischen Kenntnissen über Steinzusammensetzungen und Herkunft bestimmt weiterhelfen, doch so sind wir auf Vermutungen angewiesen. Eins ist sicher: hier waren irre Kräfte am Werk. Beim Abstieg aus der Sahara hatte sich mein Ischias gemeldet, ich hatte gedacht, ich könnte ihn ignorieren. Doch in einer Pause mit wunderbarem Ausblick klemmt er so, dass ich die Hilfe von Michael brauche, um von meinem Standort wieder in den Bus zu kommen. Also schmeiße ich eine Ibu ein und hoffe auf Linderung, die aber mal wieder auf sich warten lässt.

Am späten Vormittag kommen wir in die Gegend, für die Steffi und Martin einen „Spaziergang“ etwas abseits der Straße in ein Seitental hinein geplant haben, um dort ein abgelegenes Dorf zu besuchen. Zwei Stunden sind dafür angesetzt. Ich warne schon mal vor, da ich nicht weiß, was mein Ischias dazu sagen wird – lieber einen Tag etwas sachte, als den Rest des Urlaubs Schmerzen. Und es ist auch kein Problem, da der Hin- und Rückweg derselbe ist. Langsam trotte ich hinterher. Michael, der bei mir bleibt, muss sich nicht langweilen, hier – wie fast überall auf dieser Reise – gibt es ohne Ende Fossilien zu entdecken. Ich bin sehr neugierig, wie hoch der steinige Anteil unseres Gepäcks am Ende der Reise sein wird. Unten am Fluss kniet eine Frau, das hölzerne Waschbrett vor sich und bearbeitet ihre Wäsche. Wir wandern in das enge Tal, das Wetter zeigt sich von seiner guten Seite, die Sonne scheint. Langsam nähern wir uns dem Dorf. Rechts des Weges spielen drei Jungen am Rande eines Baches. Sie sind so in ihr Spiel mit einem Stöckchen vertieft, dass sie uns gar nicht wahrnehmen, obwohl hier doch Touris noch unter „Sensation“ verbucht werden und oft um Money oder Stilos angebettelt werden. Weiter geht es ins Tal hinein. Ein kleiner Junge, ca. 4 bis 5 Jahre alt, rennt hinter Michael her und hält die Hand ziemlich aufdringlich auf. Doch Kinder bekommen kein Geld von uns, obwohl Michaels weites Herz hier ganz schlecht „Nein“ sagen kann. Aber die Erfahrung darf sich nicht in den kleinen Köpfen festhaken, dass Schule vielleicht gar nicht nötig ist, um an Geld zu kommen.

Marokkos Kultur braucht kluge Kinder, die ihren Weg machen. Und wir wissen, Marokko ist auf dem richtigen Weg. Überall sehen wir neue Schulgebäude und die Regierung versucht mit einem weiten Schulbusangebot möglichst viele Kinder auch in die Schulen zu bringen. Trotzdem sind Schulwege von mehr als 2 Stunden zu Fuß noch völlig normal.

Michael und ich machen uns langsam an den Rückweg, ich will es sachte angehen lassen, denn heute Abend liegt auch noch ein Marsch mit Gepäck rund 600 Stufen hinab zum nächsten Camp an. Der kleine Junge bleibt hinter uns zurück, nimmt aber auch unsere Richtung. Etwas weiter vor uns hören wir eine laute aufgeregte Frauenstimme rufen, auf die der Junge reagiert. Er schlägt einen weiten Bogen um uns herum, hin zu seiner Mutter. Sie schimpft weiter lautstark mit ihm und verprügelt ihn kräftig mit einem frischen Stecken. Als wir näher kommen schickt sie ihn den Hang hinauf zu den Häusern, greift sich mit einem bösen Blick auf uns einen Stein, geht schnellen Schrittes vor uns her. Sie wirkt sehr angespannt, das ändert sich erst, als sie auf zwei andere Frauen trifft. Ich kann nur raten, vermute aber, sie hatte einfach eine höllische Angst, dass wir ihrem Sohn etwas tun, ihn mitnehmen oder was auch immer. Das ist ein Konflikt, der uns doch öfter auf dieser Reise begegnet. Unsere moderne Lebensweise trifft in Form von Landrovern und Crossfahrzeugen auf diese alte Tradition, in der die Menschen auf dem Stand des Mittelalters leben, allerdings hier und da begleitet von Satellitenschüssel auf den Dächern. Alte und neue Welt kommen sich nah und verursachen Ängste, die wir uns wohl so gar nicht ausmalen können. Also müssen wir uns rücksichtsvoll in dieser Welt bewegen, die Tabus erahnen und akzeptieren. Wir sind Gäste in dieser Welt und sollten uns so bewegen, dass nicht zu viel Achtung voreinander verloren geht.

Wir wandern den Weg weiter zurück – immer noch im Gespräch über die Mutter mit ihrem Sohn - da kommt uns auf unserm Schotterweg eine Gruppe Motorradfahrer (Spanier) entgegengedonnert. Sie sind so wenig aufmerksam, dass mich einer der Fahrer fast umgefahren hätte. Unter diesem Erlebnis bekommt die Reaktion der Mutter auch noch mal eine andere Bedeutung, wer weiß, welche Erfahrung sie schon mit solchen „Raudi“-Touristen gemacht hat. Bald verklingt das Dröhnen der Motorräder und es kehrt wieder Stille ein.

In dem Wäldchen auf der anderen Seite des Flusses entdecke ich eine Frau, die mit ihren Hühnern zum Fluss spazieren geht, ich zücke die Kamera, das werden Bilder für Tabea, meine Hühner-Fan-Tochter. An der Brücke sitzt immer noch die Frau mit ihrer Wäsche am Fluß, nun liegen ausgebreitet auf den Steinen drei sehr schöne bunte Teppiche in der Sonne zum Trocknen. Was für eine mühsame Arbeit. Auf der weiteren Fahrt sehen wir immer wieder Wäsche ausgelegt. Entweder ist heute traditioneller Waschtag oder die Wetterverhältnisse sind so, dass heute eben Wäschewaschen angesagt war.

Am Ende der Brücke gibt es ein kleines Cafe, einen Kiosk und eine Schlachterei mit aushängendem Fleisch. Diese Schlachtereien gibt es fast in jedem Dorf, am Haken hängen halbe Ziegen, Hammel und Hühner, hin und wieder auch mal ein Stück Rind. Fast immer hängt der nicht abgehäutete Kopf noch dran. Seit wir durch die Berge fahren, sind diese Fleischstücke mit weißem Tuch abgehängt, nur der Hoden hängt immer draußen. Mensch muss schließlich sehen, was es zu kaufen gibt. Wir setzen uns vor das kleine Cafe, bestellen Cafe Noir und warten darauf, dass die anderen zurückkommen. Ich genieße es, in Ruhe in der Sonne zu sitzen, endlich ist es mal wieder richtig warm. Aber was soll’s, das Reisewetter kann mensch sich nicht schnitzen. „Maken muschkin“ (macht nix) oder auch „inschallah“ (mit Gottes Hilfe) ist da die richtige Einstellung. Ich schreibe in Hast mein Reisetagebuch runter. Ich hänge immer noch fast einen ganzen Tag hinterher. Als die anderen zu uns kommen, fehlt Martin. Er ist an den drei bunten Teppichen hängen geblieben und feilscht wie ein alter Berber. Als er wieder kommt, macht er einen recht zufriedenen Eindruck, dass könnte geklappt haben.

Als wir los wollen, geht Michael zahlen und wird um 100 DH erleichtert, das erscheint nicht nur Martin zu viel. Er rechnet nach und wir kommen gemeinschaftlich auf max. 70 DH. Martin lässt daraufhin mit dem Cafebesitzer ein lebhaftes und engagiertes Gefeilsche laut werden. In einer Mischung aus arabisch, spanisch und englisch macht er klar, dass der Kaffee überall 5-6 DH kostet und nicht mehr. Der Wirt fühlt sich auf die Füße getreten und rückt die 100 DH wieder raus und 5 DH mehr zur „Gesichtswahrung“. Wir sammeln Kleingeld zusammen, bezahlen die 70 DH und lassen selbstverständlich auch die 5 DH auf dem Tisch liegen. Nebenbei wird Martin auch handelseinig über den Teppich und wir fahren mit dem Bus zur Trockenstelle um ihn zu holen. Der Teppich ist bezahlt, Martin will ihn einladen, da bekommt einer der „Händler“ einen Anruf vom „Patron“. Jener ist gegen den Handel und so muss Martin den Teppich da lassen. Ob diese Verweigerung in Zusammenhang mit dem Preiskampf beim Kaffee stand, wird auch zu den Dingen gehören, die wir nie erfahren werden. Im Bus unterhalten wir uns noch eine Weile über den Kaffeepreis. Es wäre für uns nicht dramatisch gewesen, die 100 DH (10 Euro) zu bezahlen, aber es ist nicht in Ordnung, wenn uns der Wirt als Touris „melken“ will. Mag sein, dass die motorenstarken Spanier und Franzosen hier schon die Preise verdorben haben.

Weiter geht die Fahrt durch den hohen Atlas über eine Asphaltpiste, die diesen Namen immer seltener verdient. Regen und Sturm haben die Felsen verwittern lassen und die Straße ist immer wieder verschüttet worden. Zwar sind die dicksten Brocken von der Straße geräumt, aber der Belag hat doch sehr gelitten. Auch auf dieser Strecke werden wir wieder - wie schon vorher einige Male - durch kleine "Straßenräuber" aufgehalten. Kleine Jungs stehen mit Schaufel und Spitzhacke an einer provisorisch geräumten Stelle und immer wenn ein Fahrzeug kommt, kommen sie ins Arbeiten und hoffen auf Bakschisch. In der Steinwüste ist uns die "weibliche" Form davon begegnet, kleine Mädchen rennen an den Straßenrand, um mit einer leeren Wasserflasche zu wedeln.  In allen Fällen beobachten wir im Hintergrund die wartenden Erwachsenen, die die Kids gewiss gleich um das erworbene Geld erleichtern. Eigentlich in beiden Fällen ein wenig lohnendes Geschäft: Die Marokaner kennen das schon und Touris kommen auf diesen Strecken sehr selten vorbei.

Insbesondere für Martin am Steuer wird die Fahrt nun sehr anstrengend. Ich sitze eine Weile vorn auf dem Beifahrersitz und gerade hier wird mir klar, wie schwierig die Piste zu fahren ist. Ich biete Martin an, ihn beim Fahren auch ablösen zu können, ich bin durch meine Zeit als Busfahrerin auch solche Pisten gefahren. Aber Martin nimmt das Angebot nicht an und wenn ich ehrlich bin, ich an seiner Stelle hätte es auch nicht getan. Da kann ja jede kommen und sagen, sie könnte das. Cool

Enge Kurven lassen – auch bei sehr geringem Verkehr – immer doch Gegenverkehr vermuten, der auf der teilweise einspurigen Fahrbahn zu gefährlichen Ausweichmanövern führen müsste. Wir haben Glück und nur Gegenverkehr an Stellen, an denen auch 2 Busse aneinander vorbei passen. Uns begegnen fast nur abenteuerliche beladene Busse unserer Größenordnung, mit sehr viel Gepäck auf dem Dach und darauf fast immer auch noch Fahrgäste. Martin erzählt, dass diese Fahrt über den Hohen Atlas auch für die Berber sehr teuer ist. Sie bezahlen oft für einen Dachplatz 12 DH oder mehr. Außerhalb dieser Route sind die Preise für die Mitnahme in den Mitfahrtaxis und Bussen deutlich niedriger. Außerdem begegnen uns einige wenige touristische RadfahrerInnen, davon ein älteres französisches Paar, die mindestens schon die 70 erreicht haben. Wir drücken unsere Hochachtung aus, diese Strecke mit dem Fahrrad dürfte schon Jüngeren reichlich zu schaffen machen.

Nach diversen Pässen, von denen der höchste 2.100 m hoch ist, verlassen wir langsam den Hohen Atlas und erreichen eine fruchtbare Ebene mit vielen Kornfeldern, in denen auch immer wieder Olivenbäume stehen. Das Korn ist auf vielen Feldern schon reif. Es steht sehr mager und niedrig und wird hier meist noch von Hand mit der Sichel geerntet, zu Garben gebunden und später gedroschen. Wir passieren die berühmte Felsbrücke Imi nIlfri, die Hartmut auf seinem Programm hat. Mir scheint, dass Martin wohl von sich aus dort nicht gehalten hätte – er ist jetzt schon reichlich kaputt von der Fahrt und möchte endlich Feierabend machen. Einige von uns steigen die vielen Stufen in die Schlucht ab – aber mehr als 25 Minuten will Martin nicht warten. Das ist mir zu knapp und drum bleiben wir oben. Martin drängelt bestimmt auch berechtigt, vor uns liegen noch 600 Stufen und der Zeltaufbau, das alles wollen wir noch im Hellen schaffen. Kurz nach 18 Uhr sind alle wieder da und die Fahrt geht weiter. Von weiten Teilen dieser Fahrt fehlen mir leider Fotos, mein Akku ist leer.

In Ouzoud angekommen stellen wir den Bus auf einem bewachen Parkplatz ab, schultern unsere sparsam bepackten Rucksäcke, gehen an vielen kleinen Lädchen und Restaurants entlang, steigen 1 Stufe hoch und 627 Stufen gut ausgebaute Stufen wieder ab. Nach einer Weile wird der Blick frei auf einen beeindruckenden Wasserfall, der in drei Stufen ins Tal stürzt. Unten angekommen müssen wir noch über Steine klettern und über eine (sehr) provisorische Brücke den Bach überqueren. Auf der anderen Seite geht es über Naturstufen sehr unterschiedlicher Höhe wieder hinauf. Langsam wird es dämmrig. Im verbleibenden Restlicht bauen wir unsere Zelte auf und sammeln uns anschließend auf der dunklen Terrasse des Campingplatzes. Elektrisches Licht gibt es hier nur aus einer Glühbirne in der Küche, die von einem Solarpaneel gespeist wird.

Martin hat gleich bei der Ankunft Tagine für alle bestellt und das übrig gebliebene Rinderfilet dem Wirt dazu in die Hand gedrückt. Das löst nicht bei allen nur Begeisterung aus, lässt sich aber nicht mehr ändern. Mit den Getränken kommt auch Licht in Form von Kerzen und später zum Essen ein Gaslicht. Leider ist die Tagine diesmal nicht so toll, unsere ist so stark angebrannt, dass nur die obere Hälfte überhaupt essbar ist. Pech – aber der Hunger treibt’s rein. Wir kriechen ins Zelt und die Nacht ist ruhig. Zweimal werde ich allerdings von lautem Krötengequake direkt neben meinem Ohr geweckt.

Ich stehe früh auf, setze mich auf die Terrasse und habe endlich!! mal richtig Zeit für mein Reisetagebuch. Als ich aufschaue, sehe ich eine ganze Reihe Affen über die Felsen zum Wasser laufen. Sie klettern fast senkrecht den Felsen hoch, springen in hohen Sätzen über Felsbrocken, wedeln mit ihren Ärmchen durch’s Wasser und sind Lebensfreude pur. Nach ca. einer halben Stunde verschwinden sie in Richtung große Treppe. Ich vermute, sie wollen dort ihr Frühstück von den Touris abholen. 

Auch Michael taucht irgendwann mal auf. Er hat in Ruhe ausgeschlafen. Wir brechen in Richtung große Treppe auf, wollen das Frühstücken mit Akkuladen verbinden. Schnell findet sich ein kleines Restaurant, mit dem Blick auf die Fälle essen wir Omlette fromage – natürlich mit Kirikiri. Nach dem Frühstück steigen wir langsam auf, halten an den passenden Stellen und bewundern erst mal in aller Ruhe den Wasserfall. Ungefähr auf der Hälfte der Strecke nach oben treffen wir die Affenbande wieder. Wie ich schon vermutet hatte, hier wird gefrühstückt. Da schon eine ganze Menge Touristen unterwegs sind, müssen sie auch nicht über Hunger klagen. Vorn, direkt an den Stufen sitzt der Clanchef und haut sich den Wanst voll, im Hintergrund einige Halbstarke und eine Affenmutter mit Baby im Fell, die bekommen, was Chefe runter fällt. Ob allerdings die mitgebrachten Pfannkuchen das artgerechte Futter für die Tiere sind, wage ich zu bezweifeln.

Am Ende der Treppe angekommen, gehen wir nah an den Rand der Cascaden und können frei von jedem Geländer in die Tiefe schauen. Das kribbelt im Bauch, es geht fast senkrecht hinunter. Wir wollen auf die andere Seite des Flusses, dort haben wir auch schon andere Leute gesehen. Nach einigen vergeblichen Versuchen merken wir, dass hier eine Brücke fehlt. Wir gehen landeinwärts, umrunden viele Parkplätze, nehmen in einer schrammeligen Bar noch einen Cafe Noir, verbunden mit einem Klogang, der in der freien Natur gewiss angenehmer gewesen wäre. Und wir finden die notwendige Brücke. Die vielen – jetzt freien - Parkplätze vermitteln uns eine Idee davon, was hier so los ist, wenn das Wetter besser ist – oder am Wochenende? Jedenfalls will jedeR MarokkanerIn einmal diese Wasserfälle besucht haben. Sehr verständlich in einem Land, das in weiten Teilen meist staubtrocken ist.

Wir wandern einen Pfad durch ein mageres Kornfeld und suchen den Rand der Schlucht. Am Ende des Kornfeldes sehen wir eine durch eine Holzschranke abgesperrte Wiese, von der sich Michael fast abschrecken lässt. Wir umrunden sie, überqueren eine stoppelige Wiese und haben den Felsrand gefunden. Dafür werden wir mit einer tollen Aussicht belohnt. Nun soll es flussabwärts gehen, wir finden nach einer Weile einen Eselpfad, der sich bald als der einzige markierte Wanderweg dieser Reise erweist. Es geht in vielen Windungen bergab, durch Olivenhaine mit Bewässerungsgräben, die gut gefüllt sind. Der Eselspfad ist nicht nur markiert, er ist auch der richtige Weg zurück in unser Camp. Dort verstauen wir unsere Jacken, die wir jetzt nicht mehr brauchen, es wird gemütlich warm, trinken einen leckeren frisch gepressten O-Saft und brechen dann wieder flussabwärts auf. Der Pfad führt uns an weiteren kleinen Restaurants und Cafes vorbei. Eines heißt „Afrika“. Wir beschließen morgen früh dort zu frühstücken.

Der Pfad wird schmaler und führt uns an eine sehr!!! provisorische Brücke. Wie versuchen unser Glück, mehr als nass werden kann hier nicht passieren. Es klappt und wir landen in Jamaika. Es handelt sich um ein kleines Cafe, das von einem Bob Marley-Fan geführt wird. Es dominieren Jamaikanische Farben und „peace and love“. Hinter Jamaika queren wir über eine ebenso schrammelige Brücke wieder den Fluss. Wir folgen dem Pfad, müssen uns irgendwann entscheiden: rauf oder runter. Wir nehmen „runter“ und landen auf einem Felsen über dem Fluss, mit Blick auf eine Badestelle. Hier versuchen sich einige Franzosen im Felsenspringen. Unser Standort liegt ca. 15 bis 20 Meter oberhalb des Flusses und der Älteste der Truppe traut sich tatsächlich auch, von diesem Felsen zu springen. Ich mag gar nicht hinschauen. Und es scheint auch nicht so gut gewesen zu sein, denn er bedeutet den anderen, dass sie das lieber lassen sollen. Männlich wichtig, wie die Herren der Schöpfung manchmal sind, müssen sie noch eine ganze Weile überlegen, ob sie diesem Ratschlag folgen. Doch letztlich siegt der Göttin sei Dank die Vernunft und sie trollen sich zu Fuß nach unten. Michael und ich schauen noch eine Weile zu und beschließen dann, dass diese Stelle auch für uns gut zum Baden ist. Sollte also das Wetter morgen schön sein, könnten wir nach dem Frühstück hier eintauchen.

Wir entscheiden uns, noch ein Weilchen den Fluss abwärts zu wandern, es ist noch genug Zeit. Wir nehmen also nun den oberen Weg, klettern über Felsen, bewundern die seltenen Blumen, die wir hin und wieder sehen, über uns ein weiter Felsvorsprung, der heute wohl Schafen und Ziegen als Stall dienen mag. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass unsere Vorfahren dort auch schon Schutz und Unterkunft gesucht haben. Eigentlich bekomme ich Lust dort hochzuklettern, doch der Nachmittag ist schon fortgeschritten und so verzichten wir darauf – vielleicht morgen? 
Irgendwann auf dieser schönen Wanderung meldet sich Michaels Handy, es ist Jörn, doch die Verbindung kommt nicht zustande. Ich schimpfe ein bisschen, Jörn weiß doch, dass wir in Urlaub sind. Wir gehen unseren Weg zurück, machen Pause bei Bob Marley, dort gibt es aber weder Jamaika-Rum noch andere Alkoholika, sondern nur die üblichen Kaltgetränke und Tee. Martin weiß abends allerdings zu erzählen, dass er dort gelernt habe, dass der beste Ouzo aus Israel stammt.

Zurück am Camp treffen wir einige unserer Gruppe in der „Höhle“, einem abgedeckten Felsvorsprung mit Matratzen an der Wand und einigen Tischen. Die Stimmung ist gedrückt, doch ich verstehe nicht so recht warum. 
Michaels Handy klingelt wieder. Diesmal ist es Ute, während er telefoniert, wird seine Miene ernst: „Ich sage Fee, dass sie gleich Tabea anrufen soll!“ Mir wird ganz anders im Bauch – was ist los? Als Michael meine Miene sieht, gibt er mir das Telefon und Ute erzählt mir, dass Tabea im Radio von dem Bombenattentat in Marrakesch gehört hat. Dieses Attentat bleibt – wie sollte es anders sein – Thema des Abends. Unser Gruppe geht unterschiedlich damit um, zwischen Witzchen reißen und dem Bedürfnis die Reisepläne zu ändern ist alles dabei. Ich bin sicher, unsere Reisepläne wird es gewiss ändern, hatten wir doch zum Abschluss noch 2 Tage in Marrakesch geplant. Ganz in der Nähe des Anschlagortes sollte unser Hotel sein.

Nach dem Essen sitzen wir noch in der „Höhle“ zusammen, Martin hat etwas von den Biervorräten rausgerückt und der Rest der Ginflasche wird geleert. Die Stimmung ist gedrückt, die Ansichten weiter unterschiedlich. Einige möchten die Reise „nach Plan“ weiterführen. „Marrakesch steht auf dem Programm, deshalb bin ich hier“, andere machen deutlich, dass Marrakesch wenige Tage nach dem Attentat gewiss nicht das Marrakesch ist, das wir besuchen wollten. Martin bestätigt diese Ansicht, er hat sich umgehört und berichtet, dass die meisten Touristen Marrakesch verlassen hätten und dass sehr viel Polizei aufgefahren worden wäre. Die Zahl der Toten variiert je nach Bericht zwischen 14 und 80. Egal wie viele es sind, es ist schrecklich.

In der Nacht fängt es wieder an zu regnen. Als ich nach oben zum Kopfende meiner Isomatte greife, erwische ich meine nasse Fleecejacke. Sch… Der Rest des Innenzelts scheint aber trocken. Erst morgens sehe ich, dass auf Michaels Seite auch die Innenwand nass ist, das Zelt war nicht ausreichend abgespannt. Ich stehe früh auf, lande beim aus dem Zelt krabbeln mit Händen und Knien im Vorzelt in einer Pfütze. Wir haben es anscheinend nicht so mit dem Zelten und dem Regen. Allein sitze ich bei einem Cafe noir in der „Höhle“ und bekomme den Kopf nicht frei. Michael, der nach einer Weile hinzukommt, ist in Gedanken schon beim Rückflug und möchte ihn am liebsten vorverlegen. Die Stimmung ist wie das Wetter, grau und gedrückt.

Zum Frühstück wollten wir nach „Afrika“, die anderen hatten davon gehört und wollten sich anschließen. Wir warten darauf, dass der Regen aufhört und brechen dann auf. Jemand fragt, ob dort auch wirklich offen ist – woher sollen wir das wissen? Der Gang nach „Afrika“ ist nicht schön, wir stampfen durch den Lehmmatsch, es ist glitschig und ungemütlich und als wir ankommen sehen wir, dass es dort a) sehr zu ist und b) sehr nach gestriger Fete aussieht. Eine Gitarre und ein Banjo stehen noch draußen. Wir stehen so rum und beraten, da kommt ein völlig verpennter Marokkaner aus der Hütte, der uns andeutet, wir könnten blieben, er würde sich kümmern. Wir ziehen es allerdings vor, doch zu gehen – so gemütlich wie gestern beim schönen Wetter ist es heute dort „so ganz in grau“ nicht mehr. Also gehen wir doch wieder rüber auf die andere Flussseite Richtung große Treppe. Es bleibt alles beim Alten: Omlette fromage und Cafe noir und zu Michaels Freude entdecken wir ein „europäisches“ Klo.

Nach dem Frühstück geht es die 627 Stufen hoch zum Bus. Auf der Hälfte machen wir halt und Michael lässt sich ein Hennatatoo in Form eines Skorpions aufmalen. Wir holen Lektüre, warme Socken, ich wechsele die Hose. Auf dem Rückweg merke ich meine Muskeln, sie zittern beim Absteigen und mein Ischias meldet sich auch wieder – die Welt ist schlecht! Kurz vor dem Camp fängt es an zu schütten. Wir stellen uns bei einem Händler unter und ich erstehe zwei handgewebte Jäckchen für Lenja und Malte, meine süßen Enkelkinder. Sie sind bestimmt noch viel zu groß, aber sie gefallen mir einfach gut. (Nachtrag: Kommentar meiner Tochter: Die ziehen sie an, wenn ich sie im Waldorfkindergarten anmelde.) Der Händler lädt uns zum Tee ein und wir radebrechen ein bisschen, bis der Regen aufhört.

Dann sitzen wir in der Höhle, es regnet schon wieder. In einem trockenen Moment bekommen wir Besuch von der Affenbande. Diesmal trauen sie sich bis auf die Terasse und Christian füttert sie mit den restlichen Bananen, das ist doch wenigstens etwas artgerechter! Zum Nachmittag hin kommt Martin vorbei und wir besprechen die Übernachtungssituation. Die meisten Zelte sind durch den Dauerregen pitschnass und eingesaut. Wir haben die Wahl: Entweder Khaima oder Zimmer. Selbstverständlich entscheiden sich die meisten für Khaima, wann hat mensch schon mal die Möglichkeit in einem Berberzelt zu übernachten. Nur eine unserer Mitreisenden entscheidet sich für das Zimmer. Sie ist stark erkältet, hat Fieber und sehnt sich nach Ruhe und Wärme. Wir räumen die Zelte aus und nun erkenne ich, warum es nachts so laut neben meinem Ohr gequakt hat. Unter der Zeltplane hat sich ein Krötenpärchen versteckt und schaut nun völlig verdutzt, dass die Deckung weg ist. Gerade scheint einen Moment die Sonne und wir hoffen auf trockene Zelte zum Einpacken. Wir beziehen das Khaima, das mit Matratzen bestückt ist, gerade ausreichend für uns alle, in der Mitte durch einen Vorhang getrennt.

Auf der Terasse hat der Besitzer einen kleinen Tisch mit Fossilien und anderen Steinen eingerichtet. Hier ist eindrucksvoll erkennbar, was der Reiseführer von Martin beschreibt: Achtung bei Fossilien, manche dieser Funde sind hübsch anzusehen, kommen so aber in der Natur nicht vor.

Der Tag bleibt trübe, die Stimmung auch. Wir hocken in der Höhle (Regen) oder auf der Terrasse (kein Regen), lesen, frieren oder schlafen. Zum Abend hin raffen wir uns noch mal auf. Die doch noch trocken gewordenen Zelte werden zusammengepackt und wir bringen sie schon mal hoch zum Bus, dann müssen wir morgen früh weniger tragen.

Die Nacht im Khaima wird besser als erwartet. Weder fressen mich Mücken, Ameisen oder andere Raubtiere, noch werde ich durch Schnarchen, Schniefen oder Husten anderer geweckt, obwohl wir doch relativ dicht an dicht gelegen haben. Inzwischen sind einige von uns von irgendeinem doofen Virus befallen, der sich je nach Konstitution durch Husten, Schnupfen, Hals- oder Ohrenweh oder auch durch rote Augen auszeichnet. Bis gestern waren Michael und ich noch verschont geblieben, heute hat auch Michael nach Aspirin gefragt – ein schlechtes Zeichen! Das Khaima hat sich als halbwegs dicht erwiesen, nur Martins Rucksack hat etwas von dem nächtlichen Regen abbekommen.

Gut bepackt geht es an den morgendlichen Aufstieg. Die Nacht hat den Wasserfall in einen Schaumfall verwandelt, überall liegen hohe Schaumberge. Wir vermuten eine natürliche Ursache, oberhalb des Wasserfalls gibt es keine Chemieindustrie oder ähnliches und das Wasser hat sich lehmig braun gefärbt. Wir unterbrechen die Treppenkraxeleien noch mal für Omlette fromage und Cafe noir und dann gibt’s keine Ausrede mehr. Hoch geht es die 627 Stufen, minus eine.

Eigentlich hätte heute Marrakesch auf dem Programm gestanden, doch wir haben uns entschieden, dass wir den Marrakeschaufenthalt angesichts des Attentats auf einen Tag verkürzen. Wir haben uns Demnate als Ziel ausgesucht. In meinem Reiseführer nur als Durchgangsort erwähnt, doch Martins Reiseführer verspricht uns für morgen dort einen sehr großen Suk. Während Martin und Steffi für uns ein Hotel suchen (einzelne Reisende bestehen auf Zimmer mit Dusche), bummeln wir durch Demnates Gässchen, die – wie überall – alles über Gebrauchsgeschirr, Brot und Fleisch und dies und das bieten. MB und ich erstehen blaue Plastiksäcke für unsere Rucksäcke, da sich unser Reisegepäck ja doch ziemlich vermehrt hat und wir Schlafsäcke und Isomatten außen anbringen müssen.

Wir beziehen unsere Zimmer im Hotel Atlas und kaum haben wir uns eingerichtet, da klopft Hartmut schon an der Tür. Er hat ein Hamam aufgetrieben und fragt, ob wir Lust haben mitzukommen. Michael hat so gar keine Lust, er hat immer noch das 42°-Hamam in schlechter Erinnerung. Ich bin neugierig, also will ich mit. Zu fünf laufen wir los, kaufen unterwegs Dinge, von denen wir glauben, dass wir sie brauchen: einen Hamamwaschlappen (ganz rau, aua) und ein Eimerchen zum Übergießen. Am Hamam angekommen stellen wir fest, schon der Eingang ist getrennt nach Männlein und Weiblein. Also teilt sich unsere Gruppe. Wir drei Frauen treten ein, zahlen unsere 9 DH Eintritt und stehen ein bisschen unschlüssig herum, weil wir nicht wissen, wie es weitergeht. Wir werden in einen anderen Raum gewinkt, bekommen große Eimer in die Hand gedrückt, die mit einer Nummer beschriftet sind. Im Gegenzug dazu entdecken wir Fächer für die Kleider, wo vorher die Eimer standen. Astrid – die ein bisschen Französisch spricht – fragt nach Massagen. Für 30 DH können wir sie zusätzlich dazu buchen – ahnungslos, was wohl auf uns zukommt. Wir ziehen uns aus – es ist hier üblich, den Slip anzubehalten – und werden von drei Frauen in den nächsten Raum begleitet. Das Licht ist dämmrig, an den Rändern sitzen Frauen und Kinder auf der Erde, seifen sich ein, waschen sich die Haare, plaudern leise miteinander. Für uns wird eine Ecke freigemacht, der Boden mit einigen Eimern Wasser abgespült und uns wird gedeutet, wir mögen uns setzen. Jede von uns wird nun zügig eingeseift und abgespült, indem uns mehrere Eimer Wasser über den Kopf und den Körper geschüttet werden. Wie gut, dass ich mein Duschgel dabei hatte, das reicht gerade so für uns drei. Dann geht es in den Nebenraum. Dort ist der Fußboden beheizt, wir sollen uns hinlegen und werden nun mit dem mitgebrachten rauen Waschlappen abgerieben und zwar kräftig! Schön der Reihe nach: Rücken, linke Seite, Vorderseite, rechte Seite. Wir wissen gar nichts so genau, ob wir lieber jammern (heißer Fußboden und rauer Handschuh) oder lachen sollen. Die Situationskomik siegt: wir sind kräftig am kichern und „unsere“ drei Frauen kichern mit, Lachen ist international. Zum Schluss hin ist mir, als sei von meiner Haut mindestens die Hälfte runtergeschrubbt. Dann geht es wieder in den Nebenraum, wir werden wieder eingeseift, Haare gewaschen, dann bekommen wir ein bisschen Duschgel in die Hand gedrückt und uns wird gedeutet, dass auch unser Initimbereich Seife abbekommen soll, die Mädels schütten ordentlich Wasser hinterher. Fertig! Nach gut einer halben Stunde stehen wir sauber geschrubbt wieder auf der Straße.

Wir entschließen uns noch einen Kaffee trinken zu gehen und werden mal wieder als Rarität bestaunt: Drei Frauen in einem Cafe, skandalös! Hier stelle ich fest, dass mein Hennatotoo, das ich mir am Wasserfall hab malen lassen durch die Schrubberei ziemlich gelitten hat – schade! Zum Essen abends landen wir in einem Minirestaurant mit 2 Tischen, das ausschließlich gebackenen Fisch, gebackenes Gemüse und Pommes im Angebot hat, alles schon kalt, trotzdem erstaunlich lecker, bis auf die kalten Pommes, aber die sind ja eh nicht mein Fall. Wir schlendern weiter durch den Ort, finden einen überdachten festen Suk mit traditionellen Klamotten, Stoffen, Teppichen, Kitsch und mehr. Schon um 19:30 Uhr sind wir wieder im Hotel, Michael nimmt noch Aspirin und pennt wenig später.

Martin und Steffi wollten uns ja eigentlich wecken, aber ich bin schon deutlich früher wach. 11 Stunden Schlaf sind ja nun wirklich mehr als genug. Allerdings war es unruhiger Schlaf, denn Michael schnarcht (ganz ungewohnt und ein Zeichen für Erkältung), außerdem ist die Matratze stark gewöhnungsbedürftig, mit einem Härtegrad nahe einer Isomatte. Ich ziehe mich an – bin noch sauber vom Hamam – und steige mit der Kamera auf’s Dach. 

Der Suk, den wir heute besuchen, ist wahrlich der Größte dieser Reise und so gar nicht auf Touristen ausgerichtet. Entsprechend neugierig und auch leicht misstrauisch werden wir immer wieder beäugt. Wir treffen auch den ganzen Vormittag nur noch einmal auf touristische Gäste, radfahrende Holländer, die im gleichen Hotel wie wir übernachtet haben. Auf diesem Suk wird all das verkauft, was die Menschen hier so brauchen und sich leisten können. Gleich am Anfang sehen wir am Rande kleine Garküchen und kaufen uns dort einige harte Eier als Frühstückersatz. Neben Obst und Gemüse gibt es alles für Küche und Haushalt, Feld- und Gartenarbeit, für Hausbau und gebrauchte Ersatzteile für Motoren aller Art. An einem Stand entdecke ich Bindfaden, suche mir etwas heraus und gestikuliere die gewünschte Länge. Als ich in die Hosentasche greife, um zu bezahlen, winkt der Verkäufer ab. Ich freue mich, nun haben wir für unsere blauen Plastiksäcke auch die notwendigen Schüre. „Schakran!“

Neben neuer Kleidung und Schuhen gibt es auch viele Stände mit gebrauchten Kleidern, mit Schuhbergen, aus denen mensch sich mühsam die passenden Schuhe heraussucht. Für Ute erstehen wir ein paar rote Schlappen, ihre zu Hause sind gerade kaputt gegangen und für Tabea findet sich noch so ganz nebenbei einen quietschgrünen Satin für ihre Schneiderinnenleidenschaft. In der „Fleischabteilung“ wird mir mal wieder ganz anders, die liegen gelassenen Tierköpfe sind ein gruseliger Anblick, der über allem schwebende Geruch tut sein übriges. Andererseits ist es wohl für uns verwöhnte Europäer mal ganz gut, so deutlich mit der Nase darauf gestoßen zu werden, dass Fleisch halt nicht beim Fleischer wächst und auch nicht nur aus der Tiefkühle kommt. Im Gegensatz zu Midelt – wo die Hühner bei lebendigem Leibe in einer Maschine gerupft werden – wird hier noch Handarbeit geleistet. Schon von fern sehe ich, was dort vor sich geht und möchte einen großen Bogen darum machen. Doch Michael ist interessiert, bleibt stehen und schaut zu. Einer der Schlachter winkt ihn näher, erklärt und zeigt seine Arbeitsschritte. Die Hühner werden gepackt, ihnen wird die Kehle durchschnitten, dann bluten sie aus und werden anschließend gerupft. Unterhalb des Arbeitstisches liegt ein Berg abgeschnittener Hühnerkrallen, der eifrig von Hunden frequentiert wird. Ich bleibe auf Abstand, das ist nicht mein Ding, ein Blick von weitem reicht mir da völlig.

Ziemlich in der Mitte des Suk haben sich drei große LKWs nebeneinander aufgebaut, alle hochgestapelt voll mit Bündeln von Zwiebeln. Hier herrscht – im Gegensatz zum übrigen Geschehen – großes Geschrei. Ich schieße aus der Hüfte ein Foto. Einer der Zwiebelverkäufer gestikuliert, dass er fotografiert werden möchte, ich mache ein „öffentliches“ Foto, da hält er die Hand hin und möchte Bakschisch, na, so nun aber nicht mit mir! Einiges von unserem Kleingeld geht aber auch hier – wie schon vorher vor allem bei den Caskaden – in die Hand von BettlerInnen über. Im Gegensatz zu Deutschland hat Marokko kein Sozialsystem und diese Menschen haben diese kleinen Gesten dringend nötig.

Während wir über den Suk bummeln, fängt es wieder an zu regnen (insgesamt werden wir auf sechs Regentage zurückblicken). Wir umlaufen Pfützen und Matschlöcher, doch dem Treiben auf dem Suk macht der Regen keinen Einhalt. Wir hingegen flüchten in ein kleines Cafe am Straßenrand, wo wir auch Astrid und Karin treffen. Michael wäre wohl auch gern in eine der Garküchen am Rande des Suk gegangen, aber ich traue mich nicht. Bisher haben wir die Reise ohne größere Darmprobleme überstanden, das soll so bleiben. Die vorhin dort gekauften Eier hatten ihre natürliche Verpackung dabei, das wird schon ok sein. Was ich auf dieser Reise an Eiern verdrückt habe, mag ich gar nicht so genau ausrechnen. Aber da ich dem Cholesteringeschwafel der Margarineindustrie eh keinen Glauben schenke, mache ich mir darüber auch keine weiteren Gedanken.
Wir setzen unseren Rundgang über den Suk fort, kommen in einen Bereich, in dem Waren verkauft werden, die bei uns zu Hause wohl nur noch auf dem Sperrmüll landen. Auch hier wird fleißig geschaut, gehandelt und verkauft. Gleich nebenan verkauft jemand neue Türen und Fenstereinsätze aus Metall. Wir kommen an einem Kichererbsenverkäufer vorbei, der vor einem großen dampfenden Topf steht, schauen neugierig in den Karton des Schneckenverkäufers – Schneckensuppe ist eine Spezialität der marokkanischen mobilen Garküchen. Wir streifen an Gewürzständen vorbei, die ihre Ware in offenen Säcken präsentieren. Letztlich entscheide ich mich, doch keine Gewürze zu kaufen, werde also jetzt nie erfahren, wie frisch und aromatisch sie wohl gewesen wären. Lange Reihen Gewürzkräuter hängen aus, der intensive Duft der frischen Minze – Nana - drängelt sich fast überall vor.

Martin ist glücklich, er hat hier in Demnate eine kleine Werkstatt gefunden, die ihm innerhalb von 3 Tagen seinen lang ersehnten Dachgepäckträger zusammenschweißt. Wenn er uns in Marrakesch „losgeworden“ ist, werden die beiden hierher zurückfahren und den Dachgepäckträger abholen. Nachtrag: Martin hat an seine erste Mail an uns nach der Reise ein Foto angehängt: der blaue Bus mit Dachgepäckträger.

Als wir in Richtung Hotel in die Straße einbiegen, sehen wir eine kleine Demo mit ca. 200 Menschen vor uns. Martin kommt mit dem Bus nicht weiter, Michael und ich springen raus und nähern uns vorsichtig dem Demozug – ahnungslos worum es hier wohl geht. Im Laufe des Tages „beschließen“ wir, das war eine 1. Mai-Demo zum internationalen Arbeiterkampftag. Ob wir wohl recht hatten? Im Hotel angekommen, laufe ich schnell aufs Dach um noch ein Foto zu schießen, aber leider versperren mir einige Hütten der hiesigen Gemüseverkäufer die Sicht.

Heute geht es nach Marrakesch. Auf der Fahrt dorthin – 65 km in ca. 1.5 Stunden – verändert sich die Landschaft wieder. Die mageren Getreidefelder machen Obst- und Olivenbaumanpflanzungen Platz, wir sehen Kartoffel- und Gemüsefelder. Die Stadt kündigt sich schon weit im Vorfeld mit großen Roh- und Neubaugebieten an. Viele gleichförmige Häuserreihen versprechen auf großen bunten Reklametafeln „exclusives Wohnen“. Wir durchfahren Marrakesch auf der Suche nach dem Flughafen und einem Hotel in Flughafennähe. Martin möchte die Zentrumsnähe meiden, im Angesicht des Attentats auf dem zentralen Place Jemaa el Fua ein verständlicher Wunsch. Bei dieser Durchfahrt vergleichen wir die beiden Städte Fes und Marrakesch und kommen zu der Überzeugung, dass sie nicht vergleichbar sind. Marrakesch, reich und vergleichsweise modern und trotz Attentat schon wieder sehr touristisch, kommt für uns nicht an das traditionelle, fast mittelalterliche Fes heran. Wie gut, dass wir unsere Reise in Fes begonnen haben. Das war ein guter Einstieg in diese Reise.
Lange suchen wir in den Außenbezirken nach einem Hotel – vergebens. Auch als Martin und Steffi fragen, werden wir immer wieder ins Zentrum von Marrakesch verwiesen. Ich bemerke, dass Martin immer gereizter wird. Das kann ich gut verstehen, mit 6 Reisegästen im Genick ist diese Suche bestimmt keine Reiseleiterfreude. Lange Sucherei, kurzer Sinn: In den Außenbezirken gibt es keine Hotels, fertig!

Also macht Martin kehrt, fährt wieder Richtung Zentrum zurück. Das erste Hotel, das in Frage kommt hat nur noch 4 Betten frei, also weitersuchen. In einer Nebengasse haben Martin und Steffi Erfolg. 3 Dreibettzimmer mit Dusche sind frei. Wir entern das Hotel de Minaret, teilen uns diesmal das Zimmer mit Karin und brechen wenig später „solo“ ins Zentrum auf, das fußläufig in 5 Minuten zu erreichen ist. Also doch mittendrin! Angst kommt bei mir aber nicht auf, die Wahrscheinlichkeit, dass hier und jetzt noch mal was passiert, ist so gering, dass wir sie getrost verdrängen können. Michael und ich marschieren los, probieren aber vorsichtshalber nach drei kleinen Gassen noch mal den Rückweg, damit nichts schiefgeht. Der Stadtplan, den wir aus dem Hotel mitgenommen haben, ist sehr ungenau und wir haben nur eine ungefähre Ahnung, wo sich das Hotel auf dem Plan befindet. Dann geht es Richtung Place Jemaa del Fna durch eine sehr belebte Fußgängerzone, europäischen Standards. Da wir morgens nur 1 Ei und einen Apfel gefrühstückt hatten, wollen wir erst mal was essen. Überall, wo wir stehen bleiben, werden wir von „Checkern“ angesprochen, etwas, das ich so gar nicht leiden kann. Trotzdem nehmen wir so ziemlich den erstbesten, ich habe Hunger und Michael sowieso keine Lust zum Pflastertreten. Eigentlich wäre er viel lieber im Hotel geblieben und hätte an der Rezeption Fußball geguckt. Es gibt – mal wieder – Omlette fromage mit ? (was sich als nicht sehr leckere Wurst herausstellt) und Michael versucht sich an einem mex. Salat, mit wenig Salat, aber viel Käse (mhhh, Gouda, kein Kirikiri), viel Reis und Thunfisch. Warum der als mexikanisch bezeichnet wurde wird uns ewig ein Geheimnis bleiben. Preismäßig war’s ok: Omlette 17 DH, Salat 20 DH.

Nachdem ich MB zum Aufbruch „überredet“ habe, wandern wir die Einkaufsstraße Richtung Zentrum, landen am Place Jemaa el Fna und unser Blick wird sofort auf das zerbombte Cafe gelenkt. Augenscheinlich ist die Bombe im 1. Stock explodiert. Ich zögere, ob ich fotografiere, tue es dann aber doch. Dieses Foto gehört – wie dieses Erlebnis – eben auch zu unserer Reise und es hat sie ja zum Ende hin auch stark beeinflusst. 
Auf dem Place tobt schon wieder das Leben wie wohl eh und je. Um marokkanische Geschichtenerzähler stehen Trauben von durchweg männlichen Zuhörern, Schlangenbeschwörer versuchen Touris auszunehmen, wollen mir oder MB eine Schlange umlegen, aber wir wehren uns lange erfolgreich. Erst später auf dem Rückweg werde ich schwach, fotografiere offen die Schlangen, dann eher unwillig MB mit Schlange und Schlangenbeschwörer am Hals. Ich gebe mein Geld und werde beschimpft – es sei zu wenig! Macht nix, ich bleibe dabei, ein bisschen Nepp mag ja ganz gut sein, aber die Preise bestimme in solchen Situationen ich – und auf unhöflich reagiere auch ich unhöflich. Alles ist uns hier sowieso zu laut und zu aufdringlich. Wir spazieren über den Platz, vorbei an der abgesperrten Unfallstelle, vorbei an aufgestellten Kerzen und Blumen für die Opfer des Attentats.

Kurz darauf geht es in den festen Suk, gewölbeähnlich aufgebaut, aber eigentlich doch nach oben offen und nur mit Latten und Plastik abgedeckt. Insbesondere der vordere Teil ist ausschließlich für Touristen mit dem üblichen Touri-Schnick und Schnack: Schmuck, Schals, Lederwaren, Kitsch und Tand. Vieles von dem haben wir vor allem schon mal an den Wasserfällen gesehen, aber nicht in dieser Fülle und nicht zu diesen Preisen. Wir gehen tiefer in den Suk und werden mit „Safran, Madame“ gelockt. Ich muss wirklich lachen, die halten die Touristen für so blöd, sie wollen mir den gelben Kurkuma als Safran verkaufen! In einer kleinen Ecke finden wir einen ursprünglichen Suk mit gebrauchten Klamotten von Marroks für Marroks. Auf einem kleinen offenen Platz setzen wir uns vor ein kleines Cafe und Michael kann sich vom Pflastertreten ausruhen. Nach dem Kaffee geht es langsam zurück, eigentlich schade, ich wäre noch gern tiefer eingetaucht. Auch hier gibt es Gerberviertel und Handwerker. Aber wir hätten suchen müssen und Michael zeigt sich wenig motiviert. Also wieder zurück zum Place, dort suchen und finden wir die Post, um eine Briefmarke zu kaufen, doch leider schon geschlossen. So wird wohl die einzige Postkarte, die wir verschicken wollten, eine deutsche Briefmarke zieren. (Nachtrag Juni: Sie ist immer noch in meinem Rucksack ;-) Ich möchte noch auf der anderen Seite des Place schauen, was es dort so gibt, kann MB aber nur noch mit Cafe und Sitzen ködern. Wir suchen ein Cafe, sitzen auf der Terrasse und bestaunen die Hektik und das Treiben vor uns.

Abends sind wir wieder mit der Gruppe verabredet. Martin und Steffi haben ein gemeinsames Abschlussessen vorgeschlagen – eine gute Idee. Zusammen gehen wir in ein Restaurant über dem Riad-Hotel, das den Beiden empfohlen wurde. Die Speisekarte ist deutlich reichhaltiger als gewohnt  und leider auch deutlich teurer. Es werden mehr als 10 verschiedene Tagines und Broschettes angeboten. Michael findet seine Lieblingstagine mit Backpflaumen wieder, stellt aber später fest, dass seine erste Tagine in Fes im La Kashba auch die beste der Reise gewesen ist. Insgesamt ist das Essen ok, aber 100 DH pro Tagine sind unseres Erachtens nicht gerechtfertigt. Hartmut und Christian haben sich beim Essen zurückgehalten, sie wollen noch mal auf den Place Jemaa el Fna zurück, um die dortigen Garküchen auszuprobieren. Ich bin da nach wie vor zögerlich, Schneckensuppe und ähnliches, aus der abendlich aufgebauten Garküche ohne fließend Wasser, ne-ne, lieber nicht. Nach dem Essen bummeln wir noch mal über die Fußgängerzone und den Place, der seine Berühmtheit nicht zuletzt dem Treiben am Abend zu verdanken hat. Im Dunkeln leuchten Garküchen und Verkaufsstände. Als ich dort einen langen Hals Richtung aufgebaute Garküchen mache, bleibt mir nichts anderes als mein Vorurteil zu revidieren, hier sieht alles recht hygienisch aus. Die Menschentrauben um Gaukler und Geschichtenerzähler sind noch gewachsen und auf dem Dach eines Restaurants sehen wir einen Feuerspucker, der mit seinem leuchtenden Atem die Nacht erhellt. Auf dem Platz sitzen, recht eng nebeneinander, begnadete und nicht so begnadete Musikanten; hennamalende Frauen; eine Wahrsagerin, die einem Marokkaner gerade die Tarottkarten legt.  In mir klingt noch die Einsamkeit der Berge und der Wüste und so tobt mir hier das Leben einfach zu laut.

Wir sitzen im Flieger. Heute Morgen war Wecken um 5 Uhr. Kalte Dusche, kein Kaffee. Martin findet mit einer kleinen Schleife schnell den Flughafen und unsere Reise nähert sich ihrem Ende. Michael und ich kämpfen mit unseren blauen Säcken und stellen dann erleichtert fest: Das klappt! Rucksack, Isomatte und Schlafsack passen in die Tüte und die Frau am Schalter zuckt beim 3 kg Übergewicht meines Rucksacks nicht mal mit der Augenbraue. Wir trinken gemeinsam Kaffee, dann folgt Umarmen und Tschüss-Sagen zu Martin und Steffi. Sie haben jetzt noch ein paar Tage Zeit für sich, bevor der blaue Bus wieder nach Hause muss.
Der Flug verläuft bis auf einige kleine Turbulenzen ruhig und dann ist Abschiednehmen von der Gruppe angesagt. Tschüss Ihr alle, wir waren eine gute Marokkocrew!  

Es hat mehr als 30 Jahre gedauert, bis ich mir meinen Traum von der Sahara erfüllt habe und endlich „nach Afrika“ gekommen bin. Vielleicht war es ja auch gut, dass es erst so spät geklappt hat, mit den Jahren kann ich vieles ganz anders wahrnehmen und genießen. Hin und wieder bin ich an meine Grenzen gestoßen, sei es beim Wandern, beim Essen oder bei der Fahrt an steilen Abhängen entlang – es war immer gut für mich. Ich habe Bergformationen gesehen, die ich mir nie hätte träumen lassen. Fand die Dünen in der Sahara vor, wie von der GEO fotografiert. Ich habe Menschen kennengelernt, die mich in ihrer Anmut und natürlichen Fröhlichkeit stark beeindruckt haben, obwohl sie doch in so kargen Verhältnissen leben.

Es ist kurz auf den Punkt gebracht: Ich bereue keine Sekunde dieser Reise. Mein Dank an unser Reiseleitungsteam Martin und Steffi: Ihr wart Klasse, habt (fast) nie die Geduld mit uns verloren, ihr habt genau die richtige Mischung zwischen Professionalität und Spontanität, die diese Art der Reise braucht – bleibt bitte so! Nur das „Regenabschalten“ solltet ihr wirklich noch ein bisschen üben.

Nachtrag: Allen, die diesen Bericht bis hierher gelesen haben und vielleicht Lust bekommen, es auch einmal zu versuchen, hätte ich "amacatravel"  gern empfohlen. Wer unkonventionell reisen will, sich Zeit nimmt und auf das Fremde einlassen kann, war bei Martin und Steffi genau richtig. Leider haben gesetzliche Bestimmungen einige Zeit später dazu geführt, dass sie ihre kleine Firma geschlossen haben. Schade, ich wäre gern noch mal mit ihnen unterwegs gewesen.