Ich möchte meine diesjährige HH-Rede damit beginnen, den Menschen in unserer Verwaltung für Ihre Arbeit zu danken. Es war ein weiteres schwieriges Coronajahr, das im letzten Monat dann auch noch durch den Krieg in der Ukraine überschattet wurde – alles Einflüsse von außen, die die Arbeit nicht leichter, sondern schwerer machen. Und weil wir in der Ratssitzung der Zahlen sind, gilt mein Dank heute natürlich ganz besonders dem Team Finanzen, das gerade jetzt neben den sowieso schon vielfältigen Anforderungen besonders viel zu tun hat.

 

Wir haben heute in der einen oder anderen Haushaltsrede schon deutlich gesagt bekommen: „Wir müssen sparen“ – Nein! Sparen nützt nichts, denn Sparen = Geld nicht ausgeben, sondern einbehalten, macht die städtische Infrastruktur immer kaputter und die daraus folgenden Schäden immer teuer.

 

Oder auch folgendes wird gern gesagt:

Wir machen Schulden zu Lasten der folgenden Generationen“

 

Dazu lassen Sie mich folgendes sagen: Dieses Bild ist falsch. Denn erstens stehen über Kredit finanzierte Vermögenswerte wie Schulen oder andere öffentliche Gebäude auch künftigen Generationen zur Verfügung – sofern es öffentliche Güter sind. „Unsere Enkel“ erben daher nicht nur die Schulden, sondern auch das, was mit ihnen angeschafft wurde.

 

Ein Negativbeispiel, wie es im Buche steht, wäre dagegen der Tankrabatt von FDP-Finanzminister Lindner gewesen, der sich zum Glück nur ein bisschen durchgesetzt hat. Hier stand einer Ausgabe kein öffentliches Gut gegenüber, nicht einmal ein „sozialer Ausgleich“, ganz im Gegenteil. Das wäre “nicht generationengerecht“ gewesen.

 

Meine Damen und Herren, ich sage es immer wieder gern – auch wenn es viele von Ihnen nicht hören mögen: Wir haben kein Ausgabenproblem, sondern ein Einnahmeproblem. Das ist allerdings ein Problem, das wir nicht allein lösen können. Wir haben ein Einnahmeproblem, und das haben wir der Politik im Bund und im Land Niedersachsen zu verdanken, hier werden die Stellschrauben für die Arbeit in den Kommunen gestellt, dabei aber vergessen, die Kommunen dann auch finanziell angemessen auszustatten. Auch Herr Veltrup hat darauf schon hingewiesen.

 

Die Bedarfsseite – insbesondere bei unseren Investitionen und im Personalbereich - ist mehr oder weniger gut abschätzbar, die finanziellen Spielräume ändern sich jedoch ständig. Wesentliche Gründe sind dabei die hohen Schwankungen der Einnahmenseite, beispielsweise bei der Gewerbesteuer und die fehlenden Stellschrauben für Kommunen, um gerade in Krisenzeiten ihre Einnahmen substantiell sicherstellen zu können. Die damit verbundenen Herausforderungen dulden keinen Aufschub. Daher mein Appell an die hier anwesenden Parteien, die sich in Regierungsverantwortung befinden: Liebe SPD-CDU-GRÜNE-FDP: gehen Sie ihren Parteien und Abgeordneten auf die Nerven und lassen Sie nicht locker mit der Forderung nach einer angemessenen Ausstattung der Kommunen! Einnahmebasis und Aufgabenkanon der Kommunen müssen strukturell in Einklang gebracht werden!

 

Und dann haben wir noch das Problem der hohen Baukosten – auch da könnten wir nur „rückwärts“ was dran ändern, wenn wir uns nämlich schon früh genug um die marode Infrastruktur beziehungsweise deren Erhalt gekümmert hätten, aber wie Steinbrück schon sagte: „Hätte hätte Fahrradkette“. Vorwärts gesehen können wir als Kommune an den hohen Preisen nichts ändern. Bei Betrachtung der Baupreise im öffentlichen Tiefbau wird klar, dass die Preisanstiege hier deutlich über denen der allgemeinen Inflationsrate lagen. Von 2015 bis 2021 stiegen die Preise für Straßen, Brücken und Ortskanäle im Durchschnitt um 25 Prozent, der Verbraucherpreisindex legte hingegen nur um rund 9 Prozent zu, und selbst die Kosten für Strom, Gas und Brennstoffe stiegen – trotz des rasanten Anstiegs in den vergangenen Monaten – im gesamten Zeitraum nur um knapp 5 Prozent.

 

Zwei Einflussfaktoren bestimmen diese Baupreisentwicklung: zum einen die heftigen Preissprünge bei Baumaterialien und zum anderen die begrenzten Kapazitäten der Baubranche. Die gestiegenen Baupreise sind ein Ergebnis eines Nachfrageüberhangs, bei dem eine hohe Nachfrage aus dem Wohnungs- und Bürogebäudebau mit öffentlichen Bauvorhaben um die knappen Kapazitäten konkurriert. Und selbst wenn im privaten Hochbau Kapazitäten frei würden, entlastet das den öffentlichen Tiefbau nur bedingt. Die Kommunen werden auch zukünftig bei vielen Investitionsvorhaben von knappen Kapazitäten im Bausektor ausgehen müssen. … dieses zu wissen erleichtert die Planung der zeitlichen Abläufe im Bau (ich bin sicher, unsere Verwaltung weiß das) und sollte vielleicht auch ein wenig die Aufgeregtheiten besänftigen, die hier hin und wieder aufkommen, wenn wir darüber sprechen, was alles gemacht werden muss.

Doch genug der Theorie. Nur noch so viel an die SPD: Ich bin nicht der Meinung, dass unsere Verwaltung dafür zuständig ist, Ihnen die Doppick nahezubringen, das wäre wohl eher Sache ihrer Friedrich-Ebert Stiftung.

 

Ich möchte hier nun auch gleich auf meinen Haushaltsantrag und die anderen vorliegenden eingehen.

Im Gegensatz zu den Grünen will DIE LINKE nicht die Grundsteuer anheben, die ja neben dem Gewerbe vor allem auch die Einwohner*innen von Langenhagen, ob Eigentümer*innen oder Mieter*innen belastet. Wir beantragen stattdessen daher eine moderate Anhebung der Gewerbesteuer. Ich kenne Ihre Argumentation um die arme gebeutelte Wirtschaft, möchte aber hier noch mal daran erinnern, dass – im Gegensatz zur Grundsteuer – hier nur die Unternehmen besteuert werden, die einen Gewinn erwirtschaften und ich möchte hier auch noch mal drauf hinweisen, dass die Gewerbesteuer zur Entlastung der Unternehmer*innen auf die Einkommensteuer angerechnet wird. Tut also gar nicht so weh! Gerade in der Corona-Zeit haben sich diverse Unternehmen eine goldene Nase verdient, das gilt insbesondere für die Logistikbranche. Und es lohnt sich ein Vergleich mit Lehrte, das wie Langenhagen gute Verkehrsanbindungen hat. Lehrte hebt seinen Gewerbesteuerhebesatz auf 480 an, da sind wir mit den von uns beantragten 470 doch bescheiden und mit dem von der Verwaltung vorlegten Ansatz von 450 im Sinne der städtischen Finanzen schon fast grob fahrlässig.

 

Wobei ich auch noch darauf hinweisen möchte, dass ich selbstverständlich nicht damit einverstanden bin, die Gebühren für die Marktbetreiber*innen anzugeben, so wie es die Grünen vorschlagen, da trifft es dann auch wieder die Kleinen.

 

Zweitens schlagen wir vor, die Mittel für Straßen- und Parkplatzsanierung pauschal um 50 % zu reduzieren. Hierbei ausgenommen sind ausdrücklich die Mittel für Fuß- und Radwegebau. Wir müssen dafür sorgen, dass Fußgänger*innen und Radfahrer*innen endlich zu gleichberechtigten Verkehrsteilnehmer*innen werden. Bevor wir also Straßen sanieren und den Verkehr damit noch schneller machen, sollten wir mehr Augenmerk auf die schwächeren Verkehrsteilnehmer*innen legen. Und manchmal ist Straßensanierung gar nicht so toll wie gedacht. Ich bin – vor vielen Jahren – auf meinem Weg nach Hause regelmäßig durch ein Dorf in Südniedersachsen gefahren, dessen Hauptstraße mit vielen vielen Schlaglöchern versehen war. Alle klagten darüber, die Autofahrer*innen wie die Anwohner*innen. Dann wurde diese Straße saniert. Nun hatten die Autofahrer*innen keine Angst mehr um ihr Gefährt und knallten Tag und Nacht meist auch noch mit erhöhter Geschwindigkeit durch den Ort. Die Anwohner*innen haben die Forderung nach einer Sanierung sehr bereut.

 

Ich könnte mir allerdings auch vorstellen, den Vorschlägen der SPD im Bereich Verkehr zu folgen.

 

Ich kann auch dem Vorschlag der Grünen folgen, zurückgestellte Straßenbausanierungsmittel in straßenbauunabhängige Radverkehrsanlagen umzuwidmen.

 

Drittens wollen wir – wie SPD und Grüne auch – auf das neue Saunaruhehaus in der Wasserwelt verzichten.

 

Viertens erneuern wir noch mal unsere Forderung nach Einbau von Luftfiltern in KiTas und Schulen, dort wo das bisher noch nicht erfolgt ist. Wenn wir jetzt diesen Beschluss fassen, besteht für die Verwaltung die Möglichkeit, das bis zum nächsten Winter durchzuführen. Denn wie Gesundheitsminister Lauterbach schon gesagt hat: „Wir müssen auch im nächsten Herbst/Winter wieder mit Corona leben“. Die Stadt Hamburg hat es vorgemacht und derweil 92 % ihrer Klassenräume mit Luftfiltern ausgestattet. Ich weiß, dass der Bund und das Land Niedersachsen die Kommunen in dieser Hinsicht schmählich im Stich lassen, aber das dürfen ja nicht unsere Kinder ausbaden und im nächsten Winter wieder bei offenen Fenstern in Mäntel und Decken gehüllt im Klassenzimmer sitzen.

 

Zur nächsten Forderung unseres Antrages zum HH 2022: Die Verwaltung hat in der 2. Änderung nun schon eine ordentliche Summe für die Aufnahme von weiteren Geflüchteten eingestellt. Allerdings beschränken sich diese Mittel auf die reine Bereitstellung von Unterkunft etc. Für „weiche“ Faktoren, wie erhöhter Bedarf an Betreuung, Zusammenarbeit mit Ehrenamtlichen und vieles andere mehr, ist noch nichts eingestellt. Dafür möchten wir 500.000 Euro als Ansatz verstanden wissen, wobei mir bewusst ist, dass auch das wahrscheinlich nicht ausreicht, dann aber schon mal als Arbeitsansatz vorhanden ist.

 

Erlauben Sie mir zwei Anmerkungen zum Antrag der Liberalen GRUPPE:

 

Erstens, ich freue mich, dass auch die liberale GRUPPE klimawirksame Beschlüsse fassen will. Das ist deshalb beachtenswert, weil es bei dem fraktionsübergreifenden Klimabeschluss aus dem Jahr 2020 noch keine Zustimmung der FDP gab. Vieles von dem, was Sie hier heute beantragen, haben wir mit diesen Klimabeschlüssen in 2020 schon längst auf den Weg gebracht. Wir haben in der Verwaltung ein sehr engagiertes Team, dass sich um diese Aufgaben kümmert, einiges ist schon umgesetzt, anderes auf dem Weg, wenn auch noch nicht alles. Aber so geht das nun mal im kommunalen Handeln, durch gesetzliche Vorgaben immer etwas zäher und langsamer, als wir uns das wünschen. Trotzdem könnte ich ihrem Klimateil durchaus noch mal zustimmen. Doppelt genäht hält halt besser.

 

Zweitens zeigt ein Vorschlag der Liberalen GRUPPE, die hier ziemlich ins neoliberale abschwenkt, in ihren Haushaltsanträgen, dass sie es noch nicht verstanden hat. Schlagen Sie doch den Bau von öffentlichen Gebäuden in Form einer ÖPP – einer öffentlich-privaten Partnerschaft vor, auch bekannt als neudeutsch „PPP Public-Private-Partnership“ - in ihrem eigenen Änderungsantrag fein versteckt hinter der Formulierung „Mietkauf“. Diese Form der Zusammenarbeit zeichnet sich dadurch aus, dass es nur einen Gewinner gibt, den Investor, der hier den Zuschlag erhält. Die Kommunen, die das ausprobiert haben – und davon gibt es reichlich – die haben immer den Kürzeren gezogen. Kaum Ersparnis von Verwaltungsarbeit, denn geplant werden muss ja trotzdem, dann aber schlechte Baustandards – der Investor will ja auch leben – und wenn das entsprechende Gebäude dann in die Jahre kommt und in den Sanierungsbedarf, dann bekommt die Kommune ihr Gebäude zurück und hat die entstandenen Schäden am Hals, ganz zu schweigen von den Tücken der meist klammheimlich festgeschriebenen Forfaitierung mit Einredeverzicht - um hier nur einige wenige Kritikpunkte zu benennen. Wer es mir nicht glaubt, kann gern im „Gemeinsamen Erfahrungsbericht zur Wirtschaftlichkeit von ÖPP-Projekten“ herausgegeben von den Präsidentinnen und Präsidenten der Rechnungshöfe des Bundes und der Länder nachlesen, der frei im Netz verfügbar ist.

 

Da ist Ihnen also meine Ablehnung sicher.

 

Und zu den vorgeschlagenen Einfrierungen oder Reduzierungen der Personalkosten bei den Grünen und der Liberalen Gruppe möchte ich nur sagen: Dafür erhalten Sie keine Zustimmung von mir, aber das wird Sie nicht überraschen. Ich bin nach wir vor der Meinung, unsere Verwaltung leistet gute Arbeit – und ich sehe nicht, dass dort irgendwo gekürzt werden sollte. Denn ich glaube, das käme uns letztlich teuer zu stehen.

 

Ich komme zum Schluss und es geht mir ähnlich wie bei den letzten Haushaltsberatungen, wir haben einen Haushaltsentwurf vorliegen, der durchaus noch Potential nach oben hätte. Aber wir befinden uns nach wie vor in der Pandemie – auch wenn gerade alles gelockert werden soll. Wir haben zusätzlich einen Krieg fast vor unserer Haustür, der uns auch kommunal fordern wird. Also will ich mit meinem Abstimmungsverhalten versuchen, den vorhandenen Ansatz der Verwaltung doch noch ein bisschen zu verbessern.

 

Ich würde mich darüber freuen, wenn wir die Haushaltsanträge in Einzelpunktabstimmung durcharbeiten würden – ich bitte dieses auch gleich als Antrag dazu zu verstehen.

 

Ich wünsche uns ein kluges Abstimmungsverhalten.