Heute ist der 1. Workshop-Tag, der als Exkursionstag angelegt ist.

Mit einem kleinen Bus geht es an den nördlichen Rand von Beijing. Mit an Bord neben Michael und mir ein weiterer deutscher Referent aus Mec-Pom. Dazu ein Dolmetscher, von der KP der Vertreter für interne Beziehungen, der Chef der KP XUE Weijiang, eine Vertretung der Parteihochschule sowie ein Philosophie-Prof der Hochschule. Also doch schon ganz schön hochkarätig besetzt. Schon im Bus führen sie mit uns politische Grundsatzdiskussionen, wobei der KP-Chef nicht vergisst, die KP auf dem Gebiet der Ökologie über den Klee zu loben.

Vormittags haben wir ein „Unternehmen“ besichtigt, dass sich dem Biolandbau widmet, geleitet von einer sehr engagierten Genossin und NGO-Frau – SHI Yan -  die auch gegenüber dem KP Chef auf ihrer Meinung besteht. Eine wirklich taffe Frau, die wir am nächsten Tag beim Workshop in Beijing wieder treffen.

Auf dem Hof wird u.a. in drei spezielle Gewächshäusern Gemüse, Erdbeeren und Tomaten angebaut. Eine Art von Gewächshäusern ist ½ Meter unter der Erde, daher sehr warm, so dass dort sogar zwischen Januar bis März Tomaten geerntet werden können. Außerdem gibt es auf dem Hof Hühner, Enten und Gänse in Freilufthaltung. Eine Frage der Hofchefin an mich, warum wohl Hühner mit Gänsen gehalten werden? Ich habe keine Ahnung. Antwort: Weil die Gänse durch ihre Art die Hühner mit beschützen und außerdem riechen Füchse den Gänsekot und haben Respekt. Ja, na klar!

Insgesamt hat der Betrieb rd. 60 Mitarbeiter*innen und ist aufgebaut in einer Art Genossenschaft mit vielen Menschen, die 1x in der Woche beliefert werden. Nicht nur mit Waren aus der eigenen Produktion, sondern darüber hinaus auch mit Waren aus ähnlichen Unternehmen wie Bio-Kosmetik, Bio-Wäsche, Tofo (vom Hof nebenan) und vielem anderen mehr. Insgesamt eine Kooperative von 300 Höfen und Unternehmen, wie auf einem Plakat beschrieben. Der KP-Chef verwies darauf hin, dass es schon mehr als 1.000 Unternehmen wären.

Wir werden ins Casino des Hofs zum Essen eingeladen. Im großen Speisesaal toben 40 französische Kinder aus einer französischen Austauschschule. Wir durften exklusiv im Nebenraum essen – wie in China üblich, üppig und lecker.

Danach ging es im Bus weiter zu einem Recycling-Dorf, das die Mülltrennung praktiziert – sozusagen als ein Pionierprojekt von zweien, das andere sei Shanghai, die Millionenmetropole. Wie weit die Umsetzung des dörflichen Projektes auf die Stadt Shanghai schon realisiert wurde, blieb offen. In dem Recycling-Dorf haben sich die Einwohner*innen – ausgehend von einer Initiative des Dorfvorstehers – der Müllproblematik angenommen. Sie vergraben den Müll nicht mehr, sondern sortieren bis hin zum Second-Hand-Laden. Wo jede*r bezahlt, was mensch für richtig hält. Unser Philosophie-Prof. wurde fündig und ersteht eine historische (= ältere) Querflöte.

Den nicht als Second-Hand-Ware taugenden verbliebenen Abfall sortieren sie grob vor mit dem Ergebnis, dass die Kommune keine Abfallgebühren mehr an den regionalen Müllabholer und -entsorger zahlen muss.

Ein geführter Bummel durch das Dorf zeigte saubere müllfreie Straßen, einen Waldorf-Spielzeugladen (schau schau), eine leckere Bäckerei, die uns probieren ließ und ein sehr schönes Courtyard-Haus. Dort baut die Frau des Hauses, eine bekennende Buddhistin, Saiteninstrumente und schrieb lange, meterlange Schriftrollen und Tuschezeichnungen sowie – ich fotografiere es für meinen Klarinettenlehrer – Noten in Form von chinesischen Schriftzeichen.

Einen Künstler haben wir kennengelernt, der viel mit Senior*innen arbeitet und ihnen in der traditionellen Kunst entgegenkommt mit dem Schreiben von Tuschezeichen und dem Lesen historischer Texte. Beindruckend eine Fotodokumentation, die zeigte, welche positiven Einflüsse diese Senior*innenarbeit hat. Von der depressiven Haltung einer älteren Chinesin hin zu einer strahlenden Frau, die ihre Arbeit - eine große Tuschezeichnung - präsentiert.

Das sind praktische Modelle, um ein kleines Dorf (ca. 2.000 Menschen) für seine Bewohner*innen attraktiver zu machen. Was wir aus Zeitgründen nicht mehr ansehen konnten, war die eigene kleine Bierbrauerei.

Der Abend endet nach Rückreise mit sehr hohem Verkehrsaufkommen mit der obligatorischen Peking-Ente – diesmal in einem vornehmen Restaurant im Separee im 3. Stock einer sehr modernen Mall.