Die Tagesordnung der gestrigen Ratssitzung versprach eigentlich eine relativ kurze Sitzung, aber nur eigentlich. Bei einigen Punkten ging es zum Teil hochemotional und oft auch langwierig zu. Trotzdem konnten wir kurz nach 20 Uhr die Sitzung beenden.

 

Im Gegensatz zu den vorherigen Ratssitzungen, in der viele Mitglieder der Feuerwehr in der Einwohner*innenfragestunde sich für den zügigen Neubau des Feuerwehrgerätehauses in Kaltenweide einsetzten sowie Lehrer*innen und Schüler*innen der IGS im Stadtzentrum endlich den Beginn der Neubauarbeiten an ihrer Schule einforderten, fiel diesmal die Fragestunde mangels Beteiligung aus. Im Zuhörer*innenraum saß aber die Rektorin der Adolf-Reichwein-Schule, Frau Zettelmann und wartete gespannt auf die Reaktion des Rates zu einem unkonventionellen, aber für alle Beteiligten positiven Plan zum Schulbetrieb während der dortigen Sanierungsarbeiten.

 

Und so beschloss der Rat einstimmig, den TOP „Adolf-Reichwein-Schule“ nach vorne zu ziehen. Den Aufschlag machte für die SPD eine Vertreterin im Bildungs- und Kulturausschuss Anja Sander. Sie war von der Rektorin angesprochen worden, dass der ständige Baulärm und der gleichzeitige Schulunterricht eine unerträgliche Belastung für die Schüler*innen und die Lehrkräfte darstellen. Zusammen mit der neuen Baudezernentin Gifhorn wurde daher kurzfristig abgesprochen, dass der Schulbetrieb vorübergehend für ein Jahr in die zur Zeit nicht genutzten Schulcontainer in das Schulzentrum verlagert werden solle. Darüber werde der Rat jetzt entscheiden. Eine kluge Idee und ein besonderes Lob an die Baudezernentin – dann wäre dieser Punkt im Rat mit Beschluss kurz und erfolgreich abgearbeitet worden. Doch aus allen Fraktionen und Gruppierungen fühlten sich deren Bildungspolitiker*innen bemüßigt, langatmig darzustellen, wie gut doch der Beschluss sei und wie sie persönlich zu diesem Beschluss ihren eigenen Beitrag geleistet hätten. Nach dem Motto „Es ist alles schon gesagt, nur noch nicht von mir“ folgte ein Eigenlob nach dem nächsten. Nur Ratsherr Eilers legte noch eine Schippe drauf und griff die Stadtverwaltung wegen angeblicher Untätigkeit/Unfähigkeit an, aber das sind wir ja von ihm gewöhnt. Doch Ende gut, alles gut: Einstimmig beschloss der Rat den vorübergehenden Umzug der Adolf-Reichwein-Schule in die Container am Schulzentrum, der somit kurzfristig erfolgen kann. Und weil es sonst keine*r macht, übernimmt die Stadt Langenhagen auch den Schülertransport dort hin.

 

Ja, und dann stand mein Antrag zur Geschlechtergleichstellung wieder auf der Tagesordnung, den ich in die Ratssitzung im Dezember 2022 eingebracht hatte. Er war immer wieder verschoben worden, weil auf eine Reaktion des Ortsrates Krähenwinkel gewartet wurde. Zur Erinnerung: Beim Nikolausschießen in Krähenwinkel hatte Ortsbürgermeister Hunger (CDU) seiner Stellvertreterin Susanne Wöbbekind (SPD) den Zutritt untersagt, mit Bezug auf eine vermeintlich gültige Regelung, die Frauen explizit die Teilnahme an dieser Veranstaltung untersagt – und das im Jahre 2022!

 

Mit meinem damaligen Dringlichkeitsantrag hatte ich diesen skandalösen Vorgang öffentlich gemacht – in der „Lüttjen Lage“ der haz vom 14.12.22 titelte daraufhin der Redakteur Bernd Haase „Ein Schuss in den Ofen“ und forderte umgehende Konsequenzen.

 

Während der mehrmonatigen Vertagung meines Antrages wurde angesichts des zunehmenden öffentlichen Drucks hinter den Kulissen im Ortsrat Krähenwinkel schließlich auch der widerstrebende Ortsbürgermeister dazu gebracht, dass an zukünftigen Nikolausschießen auch Frauen teilnehmen können. Dr. Köhler von der SPD verwies in seinem Redebeitrag explizit noch mal darauf, dass es diesen öffentlichen Druck auch gebraucht habe.

 

Ich habe daher meinen ursprünglichen Antrag auf den ersten Satz verkürzt: „Für den Rat der Stadt Langenhagen ist die Gleichstellung der Geschlechter unverhandelbar“ - wer könnte da schon Nein sagen, dachte ich mir so - und habe sehr deutlich zu diesem ungeheuerlichen Vorgang Stellung bezogen. Das Handeln in einem öffentlichen gewählten Gremium wie einem Ortsrat habe sich an die Vorgaben des Grundgesetzes zu halten, das explizit eine Gleichbehandlung der Geschlechter einfordert. Der Ortsrat sei schließlich keine „Alte-weiße-Männer-Selbsthilfegruppe“.

 

Silke Musfeldt von Bündnis 90/Die Grünen machte deutlich, dass das Grundgesetz für alle gelte und dass es keine Ausnahmen – z.B. für einen Ortsrat – geben dürfe. Darauf müsse mensch auch zukünftig achten. Und dann sprach Jessica Reitzig für die CDU. Mit der Diskussion zur Gleichstellung würde das Ehrenamt angegriffen. Wenn der Ortsrat damals mit Mehrheit eine Regelung beschlossen habe, die Frauen vom Nikolausschießen auszuschließen, sei das „vollkommen in Ordnung“. Der CDU-Ortsbürgermeister würde unfair angegriffen und die Grundgesetzdebatte könne man am Stammtisch führen, nicht im Ortsrat. Ob Frau Reitzig diese von ihr in deutlicher Anspannung ausgesprochenen Sätze jetzt mit einigem Abstand noch mal wiederholen würde? Ich hoffe doch nicht! AfD-Vertreter Borower brummelte undeutlich ins Tischmikrophon, dass wohl für einige im Rat das Grundgesetz nur bei der Geschlechtergerechtigkeit gelte, aber nicht bei der Einschränkung des Autoverkehrs. Und im übrigen „sei er kein Faschist“. Lassen wir das mal so stehen. Abschließend erklärte der CDU-Fraktionsvorsitzende Veltrup, dass die CDU auch dem übrig gebliebenen einen Satz nicht zustimmen werde. Was will er damit ausdrücken? Ist die CDU gegen Gleichstellung oder beleidigt? Mit 10 Gegenstimmen von der CDU und einigen Enthaltungen wurde dann mein Antrag mit deutlicher Mehrheit beschlossen.

 

Und dann gab es im weiteren Verlauf noch eine „liberale Überraschung“. Im Rahmen der Haushaltsberatungen war auf einem Workshop des Rates angesichts der nicht rosigen Haushaltslage vorgeschlagen worden, die Vergnügungssteuer auf 22 % zu erhöhen. Die letzte Erhöhung war 2020 auf unseren Vorschlag hin erfolgt. Und ausgerechnet der FDP-Ratskollege Balk von der Liberalen GRUPPE ging ans Redepult und verteidigte die Steuererhöhung. Bravo! Wenn er jetzt noch über seine Parteikanäle an seinen Parteifreund, den FDP-Bundesminister Lindner, herantritt und ihn überzeugt, dass Deutschland – wie die meisten europäischen Länder – eine Übergewinnsteuer für Firmen einführt, die sich in den letzten Krisenjahren dumm und dämlich verdient haben, wäre das absolute Spitze. Das Geld wäre im Sozialbereich und für effektive Maßnahmen im Klimaschutz sehr gut zu gebrauchen.

 

Naja, Mensch kann ja mal träumen.