Ratsmehrheit hält Ende von Geschlechterdiskriminierung für nicht dringlich, Geplänkel im Vorfeld der Haushaltsberatungen und Klimaschutz ja bitte, aber er darf für die Liberale GRUPPE nichts kosten

 

Eingeladen werden nur Herren, die für die Gemeinde in irgendeiner Funktion tätig sind” - “Weibliche Bedienung nur zum Auf- und Abtragen der Speisen”

Nein, das ist kein Relikt aus dem frühen 19. Jahrhundert, sondern gelebte Realität im Ortsrat von Langenhagen-Krähenwinkel 2022. Mit dieser Begründung hatte vor einigen Tagen der CDU-Ortsbürgermeister Steffen Hunger seiner Stellvertreterin Susanne Wöbbekind (SPD) den Zutritt zum „Nikolaus-Schießen“ im Krähenwinkeler Schützenhaus untersagt, weil sie eine Frau sei. Er berief sich auf ein Statut des Ortsrates von 1969, das immer noch gelten soll.

 

Die SPD Krähenwinkel hatte dazu eine Unterschriftensammlung gestartet, wir LINKEN haben nachgelegt und im Rat mit einem Dringlichkeitsantrag die sofortige Abschaffung dieser unverfrorenen Geschlechterdiskriminierung gefordert. Da die HAZ Langenhagen am Tag der Ratssitzung einen sehr guten Hintergrundbericht zum Krähenwinkeler Skandal brachte, hatte ich die leise Hoffnung, dass sich vielleicht doch eine Mehrheit für den Dringlichkeitsantrag ergeben könne. Aus den Reihen der CDU war allerdings schon im Vorfeld signalisiert worden, dass sie das für eine reine Ortsratsangelegenheit hielten und sie zeigten auch sonst wenig Einsicht.

 

 

Ich habe am Schluss der Einbringung des Dringlichkeitsantrages darauf verwiesen, dass wir als Rat schnellstens reagieren müssen, schon um zu vermeiden, in bundesweiten Satiresendungen wie Extra Drei oder der Heute Show als Langenhagener*innen des vorletzten Jahrhunderts durch den Kakao gezogen zu werden. Das Ergebnis der Abstimmung war ernüchternd. CDU, AfD, WAL und der FDP-Anteil der Liberalen GRUPPE sprachen dem Rat eine Zuständigkeit für eine Abstimmung ab; das wäre allein Sache des Ortsrates Krähenwinkel und der würde es bis zum nächsten Nikolausschießen vor Weihnachten 2023 schon irgendwie richten. Außerdem hätte ich mich in meinem Antrag nicht für „Diverse“ eingesetzt, so ausgerechnet die AFD. Das auch Ratsherr Eilers nicht verstanden hatte, worum es ging, konnte spätestens bei seinem Abgang vom Mikrofon vernommen werden, indem er einen Ratsherrn  der AfD aufforderte, er könne sich ja zum Mann erklären lassen. Aber bei manchen Ratskollegen wundert mich sowieso nichts mehr.

 

Bündnis 90/Die Grünen und die SPD unterstützten den Dringlichkeitsantrag und verwiesen unter anderem darauf, dass das diskriminierende Krähenwinkler Statut gegen Art. 3 des Grundgesetzes (Gleichstellungsgebot) verstoße und damit dieser Beschluss nichtig und rechtswidrig sei. So bekam mein Dringlichkeitsantrag 14 Nein-Stimmen und hat damit die satzungsgemäße 2/3-Mehrheit für einen Dringlichkeitsantrag nicht erreicht. Der Antrag gilt jetzt als eingebracht und ist somit offizieller Tagesordnungspunkt der nächsten Ratssitzung am 24.01.2023.

 

Die Zuschauer*innenplätze waren diesmal sehr gut gefüllt. Mehr als 50 Mitglieder der Feuerwehr waren gekommen und ihr Sprecher monierte die unzureichende Information über die im Raume stehenden möglichen Verzögerungen oder gar Streichungen von Feuerwehrgerätehäusern durch die Verwaltung. Nach meinem Eindruck gibt es hier noch deutlich Luft nach oben in der gegenseitigen Kommunikation. Bürgermeister Heuer, der nur den Stadtbrandmeister detailliert über mögliche Entwicklungen informiert hatte, versprach, dass er zukünftig auch die Ortsfeuerwehren in die Informationskette einbeziehen wolle.

 

Ein Schwerpunkt der Sitzung war die Diskussion von zwei Verwaltungslisten zu geplanten Streckungen im Investitionsprogramm ab 2023 für den Hochbau sowie den Straßenbau. Gerade im Straßenbau sind allerdings meiner Meinung nach noch jede Menge Einsparungen möglich, die aber nicht zu Lasten von Fußgänger*innen und Radfahrer*innen gehen dürfen. Die Vorschläge orientierten sich an der bisherigen Diskussion in nichtöffentlichen Workshops des Rates und der Verwaltung zu einem wahrscheinlich 2024 notwendig werdenden Haushaltssicherungskonzept. Für die Grünen waren die vorgesehenen Einsparungen nicht weitreichend genug, sie bemängelten aber vor allem – aus meiner Sicht zu Recht -, dass eine isolierte Abstimmung jetzt über die beiden Listen vor einer Diskussion des Haushalts 2023 kontraproduktiv sei. Sie beantragten daher eine Vertagung, der ich mich anschloss, die aber gegen CDU und SPD keine Mehrheit erhielt. Dr. Mommsen von der Liberalen GRUPPE und sein Ratskollege Eilers (WAL) monierten unisono, dass die Verwaltung mit viel zu viel Personal zu schlechte Leistungen erbringe. Ich selbst habe darauf hingewiesen, dass der von etlichen Redner*innen vorgenommene Vergleich von privaten Schulden und kommunalen Schulden erheblich hinkt, da mit den kommunalen Ausgaben wichtige Infrastruktur geschaffen würde, die sich wieder für die Bevölkerung rentiere. Bürgermeister Heuer gab am Schluss der Debatte bekannt, dass die Verwaltung zur Januarsitzung den Haushaltsentwurf 2023 vorlegen werde.

 

Und dann gab es den -xten vergeblichen Versuch von Liberaler GRUPPE, WAL, Grünen und der AfD, die Fortführung der Rathaussanierung und des begonnenen Anbaus doch noch zu stoppen. Bürgermeister Heuer stellte am Ende der Diskussion klar, dass eine isolierte Sanierung des Rathauses, die aus Brandschutzgründen dringend geboten ist, wegen der langen Auslagerung des Verwaltungspersonals in angemietete Räume in der Summe teurer käme, als die Sanierung zusammen mit dem Anbau vorzunehmen.

 

Später ging es um die (Teil)Umsetzung des in der letzten Ratsperiode beschlossenen Klimaschutzprogramms. Die Verwaltung hatte dazu konkrete Beschlussvorlagen zu einem kommunalen Wärmeplan, zu Wärmepumpen in öffentlichen Gebäuden, zur Photovoltaik und zur Begrünung auf Dächern kommunaler Gebäude, zur Umstellung auf regenerative Heizanlagen bis hin zur Energieberatung für Geflüchtete vorgelegt. Der Mandatsträger der Liberalen GRUPPE Röttger (FDP) lobte zwar grundsätzlich Klimamaßnahmen, aber es sei kein Geld dafür da. Deswegen lehne die Liberale GRUPPE diese Umsetzungsmaßnahmen aus dem Klimapaket ab. Aber anscheinend lebt die Liberale GRUPPE in ihrer ganz eigenen Welt; so führte Herr Röttger aus, dass die Vorschläge der Verwaltung der Initiative der Liberalen GRUPPE zu verdanken seien, die sie vor einigen Monaten in den Rat eingebracht hatte. Wolfgang Langrehr (SPD) und ich mussten hier doch intervenieren. Die Grundlage der nun konkreten Klimaschutzmaßnahmen seitens der Verwaltung sind vielmehr das Resultat des breiten fraktionsübergreifend erarbeiteten Klimaaktionsprogramm von 2020, das damals mit großer Mehrheit gegen AfD, WAL und den FDP-Vertreter Herrn Balk beschlossen worden war. Wenn sich jetzt Herr Balk in der Liberalen GRUPPE für den Klimaschutz ausspricht, könnte das als positiver Lernprozess betrachtet werden, leider ad absurdum geführt durch die Unwilligkeit, zu erkennen, dass der umsonst nicht zu bekommen ist. Die neue Stadtbaurätin Isabella Gifhorn verwies zu meiner Freude einmal mehr darauf hin, dass ihr gerade der Klimaschutz sehr wichtig sei und entsprechend energisch auch vorangetrieben werden soll. Mit großer Mehrheit wurden die von der Verwaltung vorgelegten Klimaschutzmaßnahmen beschlossen.