Gestern - Sonntag - entstand in den frühen Morgenstunden eine Schienenblockade bei Harlingen. Im Laufe des Tages kamen immer mehr Menschen dazu. Auch wir machten uns auf den Weg, nach dem wir an der öffentlichen Fraktionssitzung bei Kurt Herzog teilgenommen hatten. Ungefähr um 14:00 Uhr erreichten wir Harlingen, parkten den roten Bus der Landtagsfraktion am Rande eines Kreisels und wanderten los. Mit dabei u.a. auch der Fraktionsvorsitzende der niedersächsischen Linksfraktion Manfred Sohn. An der Schiene war über mehrere Kilometer heftiger „Wanderverkehr“.

Im Laufe des Tages konzentrierte sich die Blockade immer mehr auf einen ca. 2 km langen Streckenabschnitt, eingeschnitten in einen Hügel, so dass es rechts und links entlang den Schienen kräftig bergauf ging. Die Stimmung unter den Demonstranten war prima, es wurden einige kleine Lagerfeuer entfacht, die kräftige Rauchschwaden entwickelten, da feuchtes Holz verfeuert wurde. Die Volxküche versorgte die Blockierenden mit heißem Tee und warmer Suppe, nach einem Aufruf des freien Radios Wendland kamem immer mehr Menschen, brachten Kuchen, Äpfel und belegte Brote für alle mit. Auch an den steilen Hängen standen vielen Demonstranten, denn nicht jede und nicht jeder mochte sich auf die Schienen setzten. Aus dem weiter entfernt eingerichteten Camp schallten die Bässe der Technomusik herüber, und MusikantInnen kamen, um den Wartenden die Zeit zu vertreiben. Nach Einbruch der Dunkelheit wurde es dann empfindlich kalt, doch die meisten ließen sich davon nicht vertreiben. Decken und Wärmefolien wurde herumgereicht und die Menschen kuschelten sich so gut wie möglich aneinander. Die Stimmung war ruhig und friedlich. Gegen 23:00 Uhr wurde durchgesagt, dass der Castor diese Nacht wohl nicht weiterfahren würde, einige Kilometer vor der Blockade wurde er am Bahnhof von Dahlenburg mit Natodraht gesichert. Jubel brandete auf und die Hoffnung tat sich auf, dass nicht so schnell geräumt werden würde. In den frühen Morgenstunden wurde dann aber doch von der Polizei begonnen, die Blockade aufzulösen. Die Blockierenden mussten von den PolizistInnen die steilen Hängen heraufgetragen werden. In der Nähe war ein Polizeikessel aufgebaut und durch Einsatzfahrzeuge begrenzt, in den die Demonstranten eingesperrt wurden. Dort wurden sie notdürftig mit Decken versorgt. Die Räumung zog sich über mehrere Stunden hin. Am Morgen gegen 8:30 Uhr wurde dann der Zug mit den Castorbehältern gesichtet und seine Durchfahrt mit gellenden Pfiffen begleitet. Ca. eine halbe Stunde später wurde der Kessel aufgelöst und die dort Inhaftierten konnten endlich den Weg nach Hause antreten.
Ich selbst habe die Blockade kurz vor Mitternacht verlassen, die Kälte hat mich vertrieben. Dafür bin ich dann aber wieder früh am Morgen hingefahren, um wenigstens einige derjenigen, die im Kessel die kalte Nacht überstehen mussten zurückzufahren. Meine Bewunderung gilt denen, die es dort wirklich die ganze Nacht ausgehalten haben.
Aber das Ende ist noch nicht in Sicht. Vor dem "End"lager in Gorleben sitzen 1.600 Menschen auf der Straße, die dort schon die Nacht verbracht haben. Der Widerstand gegen die Atompolitk der jetzigen (und vergangenen) Bundesregierungen lebt.