IGS Langenhagen: „Jetzt sind wir endlich dran !“, Unterstützung für Ophelia, Drama um Blaumenhof-Kita geht weiter und mit LINKEM Antrag tritt der Rat Langenhagen dem kommunalem Bündnis für lebenswerte Städte bei.

 

Bildeten bei der letzten Ratssitzung im Februar die Feuerwehrleute den überwiegenden Teil der Öffentlichkeit, so waren es diesmal Schüler*innen und Lehrkräfte der IGS Langenhagen. In der Einwohner*innenfragestunde zeigten sie sehr deutlich ihren Unmut darüber, dass mit dem versprochenen Neubau der IGS nicht jetzt nach dem Auszug des Gymnasiums sofort begonnen werde, sondern Verwaltung und Ratsmehrheit versuchten, angesichts der anstehenden Investitionen der Stadt zahlreiche beschlossene Projekte zeitlich zu strecken und im Umfang zurückzufahren.

 

Wir wollen, dass der Siegerentwurf des Planungsprozesses für die neue IGS, an der wir aktiv mitgearbeitet haben, nun unverzüglich umgesetzt wird und wir wollen uns nicht mit Hilfsvarianten abspeisen lassen“, so die Forderung aus den Reihen der IGS Langenhagen. Bürgermeister Heuer sicherte zu, dass die weitere Planungsgrundlage der Stadt weiterhin die Siegervariante sei, es noch einen gemeinsamen Termin im April mit der Schule geben werde, konkretere Pläne aber erst im September vorliegen könnten. Aber der Stadt seien durch die Vorgaben der Kommunalaufsicht teilweise die Hände gebunden.

 

Die Einwohner*innenfragestunde wurde dann ihrem eigentlichen Zweck, sich die Sorgen und Anregungen der Anwohner*innen anzuhören, nicht wirklich gerecht. Ein Großteil der über eine Stunde dauernden Diskussion wurde von den Ratsvertretern okkupiert (nicht gegendert, es waren alles Kerle), was laut Geschäftsordnung so ausufernd wie dieses Mal eigentlich nicht zulässig ist. Insbesondere Dr. Mommsen von der Liberalen GRUPPE und Ratsherr Eilers nutzen die Gelegenheit, hauptsächlich dem Bürgermeister die Schuld für die derzeitige Finanzsituation der Stadt zu geben. Dass Corona und der Ukraine-Krieg, Lieferschwierigkeiten und enorme Kostensteigerungen von Baumaterialien sowie gestiegene Energiepreise zur Explosion der Baukosten geführt haben, wird von diesen Kritikern meist schlicht ignoriert. Bürgermeister Heuer verwies in seinem Statement darauf, dass sich die Situation durchaus etwas entspannen würde, könnten die Einnahmen gesteigert werden. Als die IGS-Vertreter*innen von allen Parteien im Rat ihre Position zum geplanten zügigen IGS-Neubau einforderten, habe ich kurz darauf verwiesen, dass wir als LINKE den Neubau natürlich vollumfänglich unterstützen und ich nahm die Äußerung des Bürgermeisters zum Anlass darauf hinzuweisen, dass wir die Einnahmen der Stadt Langenhagen durchaus steigern könnten und wir auch entsprechende Anträge zu den Haushaltsberatungen einbringen werden. Möglichkeiten derer gibt es viele, über eine Erhöhung der Gewerbesteuer bis hin zur Einführung einer Wettbürosteuer (hat der Rat schon mal abgelehnt) und/oder einer Bettensteuer (wie jüngst in Hannover eingeführt).

 

Das „Ophelia Beratungszentrum für Frauen und Mädchen mit Gewalterfahrung e.V.“ leistet eine unverzichtbare wertvolle Arbeit in der Region Hannover und wurde bisher von der Region Hannover, Langenhagen, Burgwedel, Isernhagen und der Wedemark gemeinsam finanziert. Die drei letztgenannten Kommunen haben für 2023 ihre finanzielle Unterstützung eingestellt, was Ophelia trotz intensiver eigener Spendenakquise in eine finanzielle Notlage gebracht hat. Neben der turnusgemäßen Unterstützung von Ophelia, die im Rat unbestritten war, wollte die Liberale GRUPPE mit einem Ergänzungsantrag Ophelia zusätzlich noch dadurch unterstützen, dass diese die nicht verbrauchten Finanzmittel aus der Corona-Periode nicht zurückzahlen muss. Ein Antrag, den wir (SPD, Liberale GRUPPE und ich) knapp mit 17:16:4 durchsetzen konnten.

 

Dann ging es um das bereits seit 2018 andauernde Finanzdrama um die Kita Blaumenhof. Die Stadtverwaltung hatte damals angesichts der Knappheit von KiTa-Plätzen einen aus heutiger Sicht ausnehmend schlechten Vertrag mit dem Eigner des KiTa-Gebäudes abgeschlossen, das von den Blaumenhof-Kids genutzt wird. Die Situation eskalierte weiter nach dem Tod des Vermieters, als eine inzwischen zerstrittene Erbengemeinschaft an seine Stelle trat und diese noch unverschämtere finanzielle Forderungen an die Stadt stellte. Dabei ist unklar, ob aufgrund des miserablen Vertragsabschlusses seitens der Stadt diese finanziellen Forderungen rechtlich abgewehrt werden können. SPD-Ratsherr Marco Brunotte charakterisierte den damaligen Dreiecksvertrag mit Vermieter und den privaten Blaumenhof-Kids unwidersprochen und korrekt als ein besonders schlechtes Beispiel für städtische Vertragsgestaltung. Die Kommunalaufsicht der Region wurde eingeschaltet, um den Sachverhalt aufzuklären. Dr. Mommsen versuchte in diesem Zusammenhang, dem Bürgermeister persönliche finanzielle Interessen zu unterstellen und teilte mit, dass die Staatsanwaltschaft bereits ermittle. Das konnte vom Bürgermeister so nicht bestätigt werden. Letztlich entschied der Rat mehrheitlich, sich jetzt noch nicht zu entscheiden und zog die Drucksache zur weiteren Beratung zurück.

 

 

Und dann war da noch unser Antrag, sich dem Bündnis von derzeit 560 Kommunen anzuschließen, die von der Bundes- und der Landesregierung einfordern, zukünftig in Eigenregie über mögliche Tempobeschränkungen im gesamten Innenstadtbereich zu entscheiden, was derzeit rechtlich nicht möglich ist. Hier kann mein Redebeitrag nachgelesen werden, in dem ich wie schon vorher im Verkehrsausschuss darauf hingewiesen habe, dass es mit diesem Antrag nicht um Tempo 30 im Innenstadtbereich gehe, sondern nur um eine größere Souveränität der Kommunen im innerörtlichen Verkehrsraum. Doch ich hatte wohl ins Schwarz-Braune getroffen. Maximilian Voigt von der CDU hielt eine Philipika gegen Tempo 30 – Thema verfehlt, würde dem jungen Unionisten wohl noch vor ein paar Jahren seine Lehrkraft unter diesen Beitrag geschrieben haben. Die AfD sah den Einsatz von Feuerwehr und Rettungsdienst gefährdet, wenn im Ort alle Tempo 30 fahren müssten und Ratsvertreter Eilers warnte vor einer „Gängelei der Bürger“ durch „linksgrün“, jetzt bei Tempo 30 und zuvor bei der Geflüchtetenaufnahme, weil DIE LINKE erfolgreich im Rat im September 2020 einen Antrag zum „Sicheren Hafen“ eingebracht hatte (siehe dazu auch Ratssplitter Nr. 42).

 

Die Liberale GRUPPE schickte ihren FDP-Vertreter Röttger nach vorn, der versicherte, dass er gegen Tempo 30 sei, aber dass dieser LINKE Antrag sich zunächst nur für einen größeren Gestaltungsspielraum der Stadt einsetze, was er natürlich befürworte, auch wenn sich die Forderung an seinen Bundesverkehrsminister Wissing richte. Auch die SPD hatte offensichtlich einige Schwierigkeiten mit Tempo 30 in der gesamten Stadt, werde aber dem Antrag für einen größeren Gestaltungsrahmen der Stadt natürlich zustimmen, so SPD Ratsmitglied Gleichmann.

 

Für die Grünen erklärte Wilhelm Zabel, dass sie den Antrag natürlich unterstützen werden und bedankten sich, dass ich ihnen die Arbeit der Einbringung abgenommen hätte. Als einer der letzten Redner (wieder alles nur Kerle) sah abschließend CDU-Fraktionschef Veltrup schon die „Gefahr“ am Horizont auftauchen: eine Zustimmung zum Antrag wäre das Einstiegstor für flächendeckendes Tempo 30 in Langenhagen; daher werde die CDU dagegen stimmen.

 

Und dann war auch noch Bürgermeister Heuer (CDU) dran. Er berichtete, dass aufgrund eines existierenden Lärmaktionsplanes auf Teilen der Walsroder Straße die Stadt die Möglichkeit gehabt hätte und das auch umsetzte, dort für die Nachtzeit Tempo 30 vorzugeben, weil es dort auf beiden Straßenseiten eine Wohnbebauung gäbe. Als jedoch die Wohnbebauung an der Walsroder Straße fortgesetzt wurde, habe die Landesstraßenbaubehörde ihm eine Verlängerung der Tempo 30-Zone untersagt. Da müsse erst ein neuer Lärmaktionsplan in Auftrag gegeben werden. Fazit: Eine Regelung, wie im vorliegenden Antrag vorgesehen, würde auch der Kommune die Möglichkeit geben, den Menschen in diesen neuerrichteten Wohngebäuden an der Walsroder Straße eine bessere Nachtruhe zu gewährleisten. Daher unterstütze er den Antrag.

 

Mit 25:12 Stimmen trat danach der Rat Langenhagen dem Bündnis „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten“ bei.