Als erstes: Liebes Team Finanzen, vielen Dank für Ihre Arbeit, die auch dieses Mal bestimmt nicht leicht war!

 

Als letzte Rednerin zur diesjährigen Haushaltsberatung habe ich den Vorteil, die haushaltspolitischen Vorstellungen der anderen Parteien noch mal unmittelbar gehört zu haben.

 

Überraschungen sind nahezu ausgeblieben, wirklich gute Ideen leider auch. Streichen und Sparen steht wie immer vordergründig im Mittelpunkt, notwendige Infrastrukturmaßnahmen wurden schon weit im Vorfeld gestrichen – gestreckt – verschoben und sind für die Einwohner*innen nicht leicht zu finden und im vorliegenden Haushalt schon gut versteckt.

 

Wie immer wird der angeblich überzogene „Langenhagener Standard“ verteufelt, 


die CDU will bei der Wohnraumförderung einsparen, 


Bündnis 90/DIE GRÜNEN – die sich doch so offensiv für Klimaschutzmaßnahmen ins Zeug werfen - wollen 25 % der städtischen Klimaausgaben für 2023 streichen - wobei der Ansatz, dann auch für die weiteren Jahre Mittel für Klimaschutz einzustellen, natürlich gut und richtig ist, von daher werde ich diesem Antrag - etwas schweren Herzens - zustimmen.

 

...und für einige besonders sparwütige Ratsvertreter hat die Stadt sowieso immer noch viel zu viel Personal, das aus lauter Langeweile immer im Kreis fährt, wie uns Dr. Mommsen heute wieder erzählt hat.

 

Dem diametral gegenüber steht die Überlegung der Grünen auf Einrichtung einer neuen Dezernatsstelle für eine Kämmerin oder einen Kämmerer, die oder der das eigene Gehalt ja locker wieder einspielen würde, durch entsprechende Sparmaßnahmen. Aber diese Sparmaßnahmen gehen auch nicht einfach mal so am Rat vorbei und dafür gibt es nun wirklich keine Garantie. ...ganz abgesehen davon, dass für mehr als 650.000 Euro Rücklagen für die Pensionierung gebildet werden müssten, wie vergangenen Freitag einer Mail der Verwaltung zu entnehmen war.

 

Ich finde, unser Team Finanzen ist gut aufgestellt, daran müssen wir nichts ändern, der Rat beschließt über die Finanzen, nicht die Kämmerei.

 

Einzig wirklich erfreulich ein kleiner Halbsatz im Antrag der SPD „auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten“, den ich natürlich aus vollem Herzen unterstütze.

 

Und auch ich erzähle nicht wirklich Neues, wenn ich erneut auf die unzureichende Unterstützung der Kommunen durch Bund und Länder in den letzten Jahrzehnten verweise, wodurch die Kommunen mehr und mehr in eine finanzielle Notsituation geraten sind. Und davor ist auch die Stadt Langenhagen nicht gefeit. Die Drohung von Bundesinnenministerin Nancy Faeser von der SPD, den Kommunen weitere Finanzhilfen für die Aufnahme neuer Geflüchteter zu verweigern, ist da nur die aktuelle Spitze mehrerer Eisberge. Die Forderung der LINKEN (und inzwischen auch von Grünen und SPD) zur Wiedereinführung einer Vermögenssteuer auf Bundesebene – unterstützt von den Gewerkschaften und Sozialverbänden - hat schon langsam einen gaaanz langen Bart. … und auch eine Übergewinnsteuer auf unanständig hohe Gewinne durch Corona, die Energiekrise oder den Ukrainekrieg ist ja letztlich – wen wundert's – an der FDP gescheitert.

 

Wenn immer mal wieder in den Rede-Beiträgen davon gesprochen wurde, dass mensch den nachfolgenden Generationen keine Schuldenlast hinterlassen darf, dann ergänze ich: Die nachfolgenden Generationen haben vor allem eine vernünftige kommunale Infrastruktur verdient, das haben auch heute wieder die Schüler*innen zu Recht in der Einwohnerfragestunde gefordert. Und für den dringend notwendigen Klimaschutz müssen ebenfalls wirksame Maßnahmen zeitnah durchgesetzt werden – und auch die gibt es nicht zum Nulltarif. Wenn wir das versäumen, hinterlassen wir den uns nachfolgenden Generationen ganz andere Lasten.

 

Wie ist das alles einigermaßen unter einen Hut zu bringen?

Während die meisten hier im Rat von einem gewaltigen Ausgabenproblem sprechen, was ich gar nicht verharmlosen will, hörten wir bisher nahezu nichts von der Möglichkeit, die Einnahmen der Kommune deutlich zu erhöhen, um die notwendigen Aufgaben der Zukunft besser und schneller umsetzen zu können.

 

DIE LINKE schlägt daher für den zu verabschiedenden Haushalt 2023 Einnahmeerhöhungen im Bereich der Gewerbesteuer, der Grundsteuer B, einer neuen Bettensteuer für Hotelübernachtungen, finanzwirksame Maßnahmen gegen Fehlbelegung von Wohnraum sowie eine verstärkte Verkehrsüberwachung bezüglich Geschwindigkeits- und Ampelverstößen vor, die neben mehr Schutz für den Fuß- und Radfahrer*innenverkehr auch zusätzliche Einnahmen für die Kommune generiert. Für verbesserte Planbarkeit schlagen wir die Einrichtung eines Doppelhaushaltes ab 2024/25 folgende vor. Damit der Haushalt nicht erst wieder im August - wie dieses Jahr - Gültigkeit erhält.

 

Überschlagsmäßig kommen wir so zu rund 7,5 Mio. € an jährlichen Zusatzeinnahmen.

 

Unter Berücksichtigung, dass die Kommune die meisten Infrastrukturmaßnahmen nicht cash bezahlt, sondern dafür langfristige Kredite aufnimmt, die es leider nicht zinslos gibt, sind geschätzte 7,5 Mio. € Mehreinnahmen pro Jahr schon eine nennenswerte finanzielle Hilfe für die Stadt.

 

Die möglichen Einnahmeverbesserungen haben wir uns nicht einfach ausgedacht, sondern sie schlicht von anderen Kommunen und der Landeshauptstadt Hannover unter Berücksichtigung der jeweiligen Einwohner*innenzahl übernommen.

 

Mit Steuer- und Gebührenerhöhungen macht mensch sich keine Freund*innen und ich höre schon das Aufheulen der Autolobbyist*innen, dass sie sich in ihrer Freiheit eingeschränkt fühlen und die Klagen, dass etliche Betriebe bei einer Gewerbesteuererhöhung dann Langenhagen verlassen würden. Aber da können wir mit unseren Standortfaktoren doch sehr selbstbewusst auftreten; die gibt es so nicht überall. ...und ich höre auch das Lamentieren der Verteidiger*innen der freien Wirtschaft, dass die Kommune nicht gegen eine Zweckentfremdung von Wohnraum vorgehen dürfe. Nein?? Doch! Wir benötigen auch hier in Langenhagen dringend bezahlbaren Wohnraum.

 

 

Wir selbst hatten zunächst politische Bauchschmerzen bei unserem Vorschlag, auch die Grundsteuer B etwas zu erhöhen, die im Vergleich zu den anderen Umlandkommunen bisher am unteren Ende liegt. Nur zur Erinnerung: Der durchschnittliche Hebesatz für die Grundsteuer in der Region Hannover lag 2022 schon bei über 510, wobei der Höchstsatz locker auf 600 kommt, in Seelze, Laatzen und in Hannover.

 

Eine Grundsteuererhöhung trifft letztlich alle, die in Langenhagen wohnen bzw. ihrem Gewerbe nachgehen. Und damit trifft es leider nicht nur diejenigen, die viel verdienen, sondern auch die, bei denen das nicht der Fall ist. Um eine Vorstellung zu bekommen, um welche Beträge es sich handelt, habe ich einfach mal am Beispiel unserer eigenen Mietwohnung durchgerechnet, welche Mehrbelastungen bei der von uns LINKEN vorgeschlagenen Hebesatzerhöhung bei der Grundsteuer von 480 auf 500 v. Hundert entstehen würden: Die Grundsteuererhöhung für unsere Wohnung würde nach unserem Grundsteuererhöhungsvorschlag um 1,27 €/ Monat steigen. Ich empfinde das für überschaubar.

 

Der Argumentation beispielsweise der Liberalen Gruppe, dass diese Vorschläge doch eher in die Konsolidierungsberatungen gehören würden und nicht hier in die Haushaltsberatungen, kann ich nicht folgen. Wenn wir sie hier und heute nicht verabschieden, sie aber dann in der Konsolidierung einarbeiten, was haben wir dann gewonnen? Nix, im Gegenteil, wir haben Einnahmen verschenkt, im besten Fall „nur“ rund 5 bis 7 Millionen für 2023, im schlechteren Fall deutlich mehr. Ich finde nicht, dass sich die politischen Kräfte hier im Rat hinter der Konsolidierung verstecken sollten. Besser wäre es jetzt und hier dazu zu stehen, dass wir auch den Einwohner*innen und den gewerbesteuerzahlenden Unternehmen von Langenhagen zumuten müssen, sich in angemessenem kleinen Rahmen an der Verbesserung der Infrastruktur zu beteiligen. Das sind Investitionen in die Zukunft, die nicht immer wieder nach hinten verschoben werden dürfen. Daher werde ich diesem Änderungsantrag der Liberalen Gruppe auf keinen Fall zustimmen. Das ist kein Änderungsantrag, sondern ein Beerdigungsantrag.

 

Aber anscheinend ist das gerade „in“, bestimmte Ausgabenfelder jetzt mal in die „geschützte“, weil nicht öffentliche, Konsolidierungsdiskussion zu ziehen, wie auch einem Antrag der SPD zu entnehmen ist, die sich lieber dort mit der Jugendarbeit befassen möchte.

 

Abschließend noch einiges zu den aktuellen Einsparvorschlägen aus den anderen Fraktionen. Einschränkungen im sozialen Bereich, beispielsweise in der Jugendarbeit – siehe Antrag der SPD zur Ablehnung der Erhöhung der Zuwendungen der Johanniter – oder der CDU, die lieber externe Kräfte in die Jugendarbeit einbinden würde, das sind Vorschläge, denen ich nicht folgen kann, denn jeder Cent, der in der Kinder- und Jugendarbeit nicht eingesetzt wird, verursacht Folgekosten, die noch gar nicht abzuschätzen sind.

 

Und deshalb finde ich den Punkt 8 des CDU-Antrages auch gut und richtig, dass die Pumpen und Wasserspielzeuge auf den Spielplätzen in den Sommermonaten auch weiter betrieben werden, für die Kids und so ganz nebenbei auch für Zwei- bis Achtbeiniges, was da so kräucht und fleucht, auch die brauchen Wasser.

 

Stellenstreichungen beim städtischen Personal, das schon an seiner Belastungsgrenze arbeitet, wenn nicht darüber hinaus, werden von uns selbstverständlich nicht unterstützt.

 

Das gilt so natürlich auch für den Antrag der CDU, Stellen im Bereich der Eigenreinigung zu streichen, bzw. mit einem Sperrvermerk zu versehen und eine Arbeitsgruppe zu beauftragen, die Wirksamkeit von Eigenreinigung zu prüfen. Dieser Antrag hat sich bei mir im Hirn sofort verknüpft mit: „... und wenn ich nicht mehr weiter weiß, dann gründ' ich einen Arbeitskreis...“ Meines Erachtens nach verursacht das nur Arbeit und Kosten und hat wenig Nennwert, da dem Antrag ja schon zu entnehmen ist, wohin die Reise gehen soll.

 

Ebenso wenig können wir das Auf-die-lange-Bank-Verschieben von notwendigen Infrastruktur- und Klimamaßnahmen hinnehmen. Eine zeitliche Streckung bei Straßenausbaunahmen oder Parkplatzzupflasterungen können wir uns dagegen gut vorstellen.

 

Und kurz zur Wasserwelt: Der Investitionsplan Bad sieht 200.000 Euro für einen Wohnmobilstellplatz vor ...ohne Grauwasser- und Schwarzwasserentsorgung... Gegenvorschlag: Dann kann die Infrastruktur in Form von E-Säulen für Womos auch ganz weggelassen werden, ein Schild Wohnmobile erlaubt und entsprechend ausgeschilderte Stellplätze im Parkplatzbereich würden erst mal ausreichen. Da entsteht derselbe Effekt wie mit Stromsäulen ohne Entsorgungsmöglichkeit, Grauwasser wird einfach so abgelassen und der Chemietoiletteninhalt landet hinter den Büschen. Wir sind selbst häufig mit dem Camper unterwegs und haben schon oft beobachtet, dass da die Hemmschwelle schnell wegfällt. Fazit: Lieber Grau- und Schwarzwasserentsorgung ohne Strom, als Strom ohne Entsorgungsmöglichkeiten. … und einzäunen muss man Womos auch nicht, die laufen nicht weg.

 

Und auch das Saunaruhehaus und der Splashpark für Kids wären gewiss total sinnvoll, aber erst sind mal andere Sachen dran. Zumal ich dem hingeworfenen „das rechnet sich schon“ nicht wirklich über den Weg traue, ich hab nämlich meine Glaskugel verlegt.

 

Von daher kann ich dem Antrag der SPD erstmal zustimmen, die 200.000 € mit einem Sperrvermerk zu versehen und dann schaun wir mal, ob und wenn ja wofür und wie sie eingesetzt werden sollen.

 

Wenn ich aber so darüber nachdenke, was ich jetzt in den Reden zum Haushalt gehört habe und auch in den Anträgen gelesen habe, macht mir das keinen großen Mut. All das, was wirklich was brächte - zum Beispiel Änderungen bei den Einnahmen jetzt in die Haushaltskonsolidierung zu schieben, zeigt, das die öffentliche Diskussion letztlich gescheut wird. Schade eigentlich.

 

Von daher befürchte ich jetzt erst mal – ohne die Abstimmung schon abschließend zu durchschauen – diesem Haushalt werde ich so nicht zustimmen können.