Es begann mit einer Anfrage der LIBERALEN Gruppe, in der der Bürgermeister von Dr. Mommsen aufgefordert wurde, über die bisherigen Aktivitäten im Bereich Energie und Klimaschutz zu berichten. Im Regelfall werden solche Anfragen schriftlich gestellt und für alle Einwohner*innen zugänglich ebenfalls schriftlich im Rats-Informationssystem der Stadt, dem allriss beantwortet. Doch es geht natürlich auch so. Bürgermeister Heuer wies zudem darauf hin, dass ein Großteil dieser Fragen bereits umfänglich im allriss schriftlich beantwortet sei, er diese mehreren Seiten aber auch gern noch mal verlesen könne. Das war der Ratsmehrheit aber dann doch zu zeitaufwendig und es wurde mit einem Beschluss auf Ende des Tagesordnungspunktes erhebliche Zeit gewonnen.

 

Danach ein Kurzauftritt der AfD, die mit einem Dringlichkeitsantrag den sofortigen Abbruch der Planungen zum Ratshausanbau forderte. Drei von vier Mandatsträger der Liberale Gruppe, Bündnis 90/Die Grünen und die WG-AfL mit Ratsvertreter Eilers stimmten der AfD zu – diese seltsame Allianz fand sich so oder so ähnlich an diesem Abend noch mehrfach beim Abstimmen auf der gleichen Seite wieder.

 

Es folgte eine von der Liberalen Gruppe beantragte Aussprache des Rates zu Energiemangel und Wasserknappheit, in der Marion Hasenkamp (DIE Partei) aus der LIBERALEN Gruppe den ersten Aufschlag machte. Neben der Aufzählung etlicher vom Rat Ende 2020 schon mehrheitlich beschlossenen Schritte für eine Klimawende sprach sie sich für eine Einschränkung des motorisierten Individualverkehrs in der Innenstadt durch Gebühren für Parkplätze und Tempobeschränkungen aus und für ein aktives Vorgehen der neuen Klimamanagerin. Auch notwendige Maßnahmen gegen die zunehmende Wasserknappheit müssten dringend ergriffen werden. Zudem solle der Bürgermeister berichten, was denn gegen die drohende Energiearmut im Herbst unternommen werden könne. Ein inhaltlich guter Redebeitrag, liebe Marion, aber es war Dein Fraktionskollege in der Liberalen Gruppe, Joachim Balk von der FDP, der das vom Rat beschlossene Klimapaket abgelehnt hat und dessen Partei mit Überzeugungen a la „Freie Fahrt für freie Bürger“ hausieren geht. In der „Bundesampel“ sperrt sich die FDP zudem immer noch erfolgreich gegen ein Tempolimit. Und „Dein“ Dr. Mommsen hat sich – glücklicherweise erfolglos – gegen die Einstellung eines*er Klimamanager*in gestellt.

 

Aber die von der LIBERALEN Gruppe beantragte Aussprache war notwendig, auch wenn sich die großen Fraktionen SPD und CDU – aus welchen Gründen auch immer – nicht daran beteiligten. Dass die Grünen keine Wasserknappheit, sondern nur Dürre sehen und im Antrag Panikmache und die AfD sich „gegen Frieren und damit für Nordstream 2 und Atomenergie“ aussprachen, sei hier nur am Rande und holzschnittartig erwähnt.

 

Ich habe darauf hingewiesen, dass die weitgehende Untätigkeit von Bund, Land und auch der Kommunen in den letzten 30 Jahren dazu geführt habe, dass wir jetzt mit einer drohenden Energieknappheit und immensen Umwelt- und Klimaschäden zu tun haben, die bei einem rechtzeitigen energetisch sinnvollen Umbau unserer Gesellschaft hätten vermieden werden können. Darauf habe bereits der Club of Rome vor genau 50 Jahren im Jahre 1972 hingewiesen. Das ambitionierte Klimapaket der Stadt wird gerade schrittweise umgesetzt, das hätte ich gern schneller, aber Verwaltungsmühlen mahlen leider langsam und die dauernde Einforderung von Berichten macht die Umsetzung auch nicht zügiger, sondern nur teurer.

 

Nach mir gab dann Bürgermeister Heuer einen sehr detaillierten Bericht ab, welche Maßnahmen der Stadt bei akutem Energiemangel im Herbst eingeleitet würden und er dazu einen bereits arbeitenden Krisenstab eingesetzt habe. Da konnte selbst sein ärgster Widersacher Dr. Mommsen nicht anders, als dem Bürgermeister und der Verwaltung seinen Dank für die umfangreiche Krisenvorbereitung auszusprechen.

 

Doch danach wurde es dann wirklich arg. Der Verwaltungsausschuss hatte den Bürgermeister kurzfristig gebeten, angesichts der wieder deutlich zunehmenden Corona-Fälle die Möglichkeit von hybriden Rats-und Ausschusssitzungen erneut zu ermöglichen. Dazu war für diese Ratssitzung von der Verwaltung umgehend ein entsprechender Antrag vorgelegt worden. Ein Anlass für die Gegner dieser Maßnahme auch Argumente aus der Kiste zu holen, die hin und wieder unter der Gürtellinie landeten. Keine feine Art!

 

Ratsherr Balk (FDP) von der Liberalen Gruppe meinte, eine solche Regelung gebe das bundesweite Infektionsgesetz nicht her. Ratsherr Eilers hielt den Hospitalisierungsgrad der Corona-Infizierten für nicht hoch genug. Mit einem konkreten Beispiel konterte darauf Wolfgang Langrehr von der SPD aus der letzten Woche, wo nach einem Schützenfest im Nachbarort Celle von 700 Teilnehmer*innen sich bereits rund 300 mit Corona infiziert hätten. Nach den Ferien müssten wir leider wieder mit einem deutlichen Corona-Anstieg rechnen.

 

Der Grüne Fraktionschef Zabel sah, obwohl es in seiner Fraktion unterschiedliche Auffassungen gäbe, mangelnde Wertschätzung gegenüber dem Rat. Dr. Mommsen von der LIBERALEN Gruppe bestand darauf, in Ratssitzungen seinem Gegenüber in die Augen schauen zu können, um zu erkennen, ob gelogen werde. Das könne er über das Videobild nicht und verstieg sich zu der Aussage, dass diejenigen, die hybrid an der Sitzung teilnehmen, lieber faul auf dem Sofa lägen oder auch die Ratsarbeit mit Kinderbetreuung verknüpften, als persönlich im Ratssaal zu erscheinen.

 

Mir ist da der Kragen geplatzt. Sehr energisch habe ich die disqualifizierenden Aussagen zurückgewiesen und darauf aufmerksam gemacht, dass es auf die inhaltlichen Beiträge ankäme und nicht, wo die oder der entsprechende Ratsvertreter*in sich aufhalte, im Ratssaal oder vor dem Bildschirm. Im Übrigen bin ich davon überzeugt, dass sich in der Ratssitzung auch durch noch so tiefen Augenkontakt keine Meinungsänderung erzielen lässt. Irina Brunotte ergänzte, dass sie in den früheren Ratssitzungen schon sehr viele inhaltlich gute Beiträge von Ratsvertreter*innen über den Bildschirm von zu Hause gehört habe und ebenso schlechte Beiträge aus dem Ratssaal. Zudem böten hybride Sitzungen gerade Menschen mit kleinen Kindern auch die Möglichkeit, an den Ratssitzungen teilzunehmen, ohne jedes Mal in den Sitzungssaal fahren zu müssen. Das diene auch dem Coronaschutz der ungeimpften Kinder.

 

Für diese Entscheidung ist nach dem Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetz eine 2/3-Mehrheit aller Ratsvertreter*innen (43) erforderlich. Dies gelang mit 30 Ja- (SPD, CDU, Linke) gegen 10 Neinstimmen und einer Enthaltung.

 

Abschließend übernahm der Rat mit großer Mehrheit noch eine finanzielle Bürgschaft für den Neubau des Schützenhauses in Kaltenweide. Hier habe ich mich aus grundsätzlichen Motiven als Pazifistin, die den Umgang mit Waffen ablehnt, enthalten. Neun weitere Enthaltungen gab es von Ratskolleg*innen, denen die Bürgschaft finanziell zu riskant war.