Nach mehr als 5 Jahren ist es endlich so weit. Der Rat der Stadt Langenhagen beschließt, die Ratssitzungen demnächst live zu übertragen. … und ich war nicht dabei. Aber es gibt trotzdem einen Ratssplitter.

 

Durch Widrigkeiten bei der Buchung der Bahnfahrt in meinen Skiurlaub trat eine Verschiebung auf, die verhinderte, dass ich dieses Mal dabei war. Manchmal muss frau Prioritäten setzen und die fielen diesmal in Richtung Eigennutz aus. Für DIE LINKE Langenhagen hat Dr. Michael Braedt als Einwohner Langenhagens die gesamte gestrige Ratssitzung in Präsenz verfolgt und heute mit mir zusammen nun diesen aktuellen Ratssplitter erstellt.

 

Hier folgt sein Bericht, Anmerkungen von mir werden als solche gekennzeichnet.

 

Schwerpunkt in der Einwohner*innenfragestunde war die ab Herbst 2022 zu erwartende Verkehrssituation vor dem neuen Gymnasium an der Neuen Bult und dem von einem Gutachterbüro erstellten Vorschlag, dafür den LKW-Verkehr durch die Breslauer Straße in der Silberseesiedlung zu leiten. Ein Sprecher der Anwohner*innen teilte mit, dass es schon rund 500 Unterschriften gegen die im Gutachten vorgeschlagene Variante gebe. Eine Elternvertreterin aus der KiTa Kollberger Straße ergänzte, dass gerade in der Silberseesiedlung viele Familien mit kleinen Kindern wohnten und ein LKW-Verkehr durch die Siedlung gerade für die Kleinen eine große Gefahr bedeute. Die besorgten Anwohner*innen wollen zudem am 23.02.2022 in einem Experiment aufzeigen, dass in der Breslauer Straße der Platz für zwei entgegenkommende LKW gar nicht ausreiche. Bürgermeister Heuer sieht nach eigenen Worten das kritisierte Gutachten als „Schnellschuss“ an, das sich die Verwaltung nicht zu eigen mache. Alternative Vorschläge wie beispielsweise die vom ADFC müssten geprüft werden. Auf den Verkehrsausschuss und den Rat komme noch eine Menge Arbeit zu, um eine sinnvolle Regelung für alle zu erreichen.

 

In einem sehr kurzen Beitrag in der Einwohner*innenfragestunde habe ich auf die Abwesenheit von Frau Weck hingewiesen und ihren dringenden Wunsch mitgeteilt, bei der späteren Abstimmung zur Internetübertragung und Aufzeichnung von Ratssitzungen zumindest die Alternative 2 (einwöchige Aufzeichnung) zu beschließen. Ratsvertreter Eilers polterte daraufhin, ein solcher Beitrag gehöre nicht in die Einwohner*innenfragestunde. Er blieb mit seiner Kritik allein.

 

Seit mehreren Jahren hatten wir als LINKE. Langenhagen über unsere Ratsfrau Felicitas Weck in mehreren Anläufen versucht, mehr Transparenz und Demokratie in die Ratssitzungen zu bekommen und daher u.a. beantragt, Ratssitzungen auch für die interessierte Bevölkerung live zu übertragen und die Aufzeichnung auf der Internetseite für einen längeren Zeitraum für Interessierte zur Verfügung zu stellen. Gerade in Corona-Zeiten ist die Nutzung dieser technischen Möglichkeiten noch dringender als je zuvor, damit Ratsarbeit nicht vollständig im Verborgenen stattfindet. Unser Antrag (DS-Nr. 2021/347) war in nichtöffentlicher Geschäftsordnungskommission beraten worden und verließ diese offensichtlich drastisch zusammengestrichen wieder. Zeitgleiche Videoübertragung der Ratssitzung ja, aber Aufzeichnung nein (Alternative 1) oder höchstens für eine Woche (Alternative 2) (DS-Nr. 2022-062). Julian Wook von der SPD plädierte als erster in der Debatte für die Variante 1, eine Aufzeichnung wäre nicht nötig. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Veltrup und der Vorsitzende des Digitalausschusses Röttger (Liberale GRUPPE) ergänzten, dass ein Votum für Alternative 1 nur ein Anfang sei; über weitere Schritte sollte im Digitalausschuss beraten werden. Der Rat beschloss dann einstimmig die Alternative 1. Ein Ergänzungsantrag von Bündnis 90/Die Grünen, dass auch Beiträge aus der Einwohner*innenfragestunde live übertragen werden sollen, wenn die entsprechende Person zuvor zugestimmt hat, wurden mit großer Mehrheit abgelehnt.

 

(Anmerkung Felicitas Weck: Ein allererster Schritt in die richtige Richtung – aber viel zu kurz gesprungen. Wirklich schade, dass ich diese Diskussion diesmal nicht direkt begleiten konnte, aber auch ein Redebeitrag von mir hätte an dem Ergebnis so gar nichts geändert. Andere Städte sind da schon deutlich weiter. Aber die Ratsperiode hat ja erst angefangen und ich bin gespannt, wie dort weiter verfahren wird. Da kann ich ja nachhelfen wink )

 

Wie mit einer parallelen Aufzeichnung auch wertvolle Zeit für die Ratsarbeit gewonnen werden könnte, zeigte zu Beginn der Sitzung eine längere Einlassung von Dr. Mommsen (Liberale GRUPPE) über das Protokoll der Januarsitzung. Er versuchte vergeblich seinen damaligen Beitrag gegen die Rechtmäßigkeit der Bürgermeister*innenwahl als Anhang zum Protokoll aufnehmen zu lassen, obwohl er diesen nicht als Ratsvertreter gehalten hatte, sondern als eine von vier Privatpersonen, die Einspruch gegen die Kommunal- und Bürgermeisterwahl eingelegt haben. Er fühlte sich in der Presse falsch zitiert, dass er angeblich rechtliche Schritte gegen die Bürgermeisterwahl einlegen wolle. Das habe er vielmehr in der Ratssitzung ausgeschlossen.(Anmerkung Felicitas Weck, stimmt, daran erinnere ich mich auch). Hätten wir damals schon eine Aufzeichnung der Sitzung gehabt, wäre die Frage in Sekundenschnelle eindeutig geklärt worden. Unsere Hoffnung bleibt, dass im Digitalausschuss und in einer späteren Ratssitzung doch noch mehr Transparenz in den Rat einzieht.

 

Die Haushaltsberatungen rücken näher und die selbsternannten Sparkommissare werden aktiv. Dr. Mommsen findet, dass der Bau der neuen Feuerwache Kaltenweide/Krähenwinkel viel zu teuer wird (nach seiner Auffassung über 80% der ursprünglichen Planung; hier widerspricht ihm Bürgermeister Heuer deutlich), eine millionenschwere Sanierung des Theatersaaldaches käme hinzu und auch das Kulturzelt wäre zu teuer. Der Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen Wilhelm Zabel will den Bau einiger Segmente wie der Lagerhalle und des DLRG-Stellplatzes an der Feuerwache Kaltenweide zurückstellen, um rd. 700.000 € von anvisierten 18,7 Mio. € erst mal nicht auszugeben. Der Rat beschließt aber angesichts der Tatsache, dass verschobene Baumaßnahmen später noch teurer kommen, die Baufinanzierung der Feuerwache wie von der Verwaltung vorgeschlagen.

 

Und dann wurde es noch schlimmer. Ging es bei Bauprojekten noch um Millionenbeträge, erscheinen für einige Ratsvertreter der Liberalen Gruppe, der CDU und Herrn Eilers auch Kürzungen der beantragten Zuschüsse bei den Jugendprojekten im Tausender-Bereich nicht mehr tabu zu sein, so beim IKEP, der AWO oder dem Träger des Jugendzentrums, der Johanniter-Rettungshilfe. Dass jetzt in der seit über zwei Jahren andauernden Corona-Zeit gerade Jugendliche noch mehr auf Freiräume angewiesen sind, scheint die Sparkommissare nicht zu berühren. Mit knapper Ratsmehrheit verhindern SPD und Bündnis 90/Die Grünen zunächst diese geplanten Kürzungen im Jugendbereich, allerdings mit der Maßgabe, dass die Ansätze für den Jugendbereich im Haushalt 2022 nicht erhöht werden dürfen. Praktisch nur eine zeitlich verschobene Realkürzung angesichts zunehmender notwendiger Aufgaben.

 

Und dann kommt noch zweimal ein Auftritt des Ratsvertreters Eilers. Zum einen sieht er eine Beeinträchtigung der Freiheit, weil die Verwaltung vorschlägt, die Dauer von hybriden Ratssitzungen verlängern zu können, wenn es die Corona-Zahlen erforderlich machen. Der Rat sieht das mit großer Mehrheit im Interesse der Gesundheit erfreulicherweise anders.

 

Zum anderen hat er Klage gegen den Rat eingelegt, weil dieser die Wahleinsprüche von vier Personen, darunter auch ihm, gegen die Bürgermeisterwahl abgelehnt hat. Er wollte dazu eine Erklärung abgeben, was ihm die Ratsmehrheit aufgrund des Mitwirkungsverbotes in der Kommunalverfassung aber untersagte.

 

Wir machen es hier kurz mit unserer Bewertung: Der Rat beschließt mehrheitlich die Beauftragung einer Anwaltskanzlei zur Wahrnehmung der Interessen des Rates in der Verwaltungsrechtssache Eilers ./. Rat der Stadt Langenhagen (VG Hannover, Az.: 1 A 517 / 22) und auch ich, Felicitas Weck, hätte dafür mit ja gestimmt. … und wir bleiben neugierig, in welchem Wortlaut sich dann über diese Kosten beschwert wird, denn es ist wie es ist: Egal wie es ausgeht, die Kosten wird immer die Stadt Langenhagen tragen, so geht Demokratie nun mal.

 

Und um zu demonstrieren, was mir entgangen wäre, hätte ich an der Ratssitzung teilgenommen, hier mein Lieblingsfoto aus dem diesjährigen Skiurlaub, mit dem Mond über dem Titlis: