Wir haben Platz!

Ich möchte mich an dieser Stelle noch mal dafür bei fast allen Ratsmitgliedern bedanken, dass Sie auf der letzten Ratssitzung der Dringlichkeit zugestimmt haben, so dass wir heute über diesen Antrag beraten können.

Ich glaube, ich kann sagen, dass wohl fast alle hier im Raum mit großer Betroffenheit auf die Brandkatastrophe in Moria, dem menschenunwürdigen Lager für Geflüchtete auf der griechischen Insel Lesbos, reagiert haben.

Doch das Elend von Moria ist viel mehr als eine Brandkatastrophe, es ist seit etlichen Jahren eine hausgemachte europäische Katastrophe – viele sprechen m.E. zu Recht vom Untergang europäischer Grundwerte wie Humanität und Solidarität.

Rund 13.000 Menschen in einem Lager, das mal für 2.000 Menschen geplant war, katastrophale sanitäre Bedingungen und jetzt auch noch der Corona-Ausbruch. Die Frage stand längst im Raum, nicht, ob es in Moria noch zu einer größeren Katastrophe kommt, sondern wann. Und es gibt solche Lager ja nicht nur auf Moria, sondern auch noch auf anderen griechischen Inseln, mit den gleichen unhaltbaren Zuständen – gerade heute Nacht sind auf der Insel Samos Container in Flammen aufgegangen. … und meine Damen und Herren, wir sollten nicht mit dem Finger auf mutmaßliche Brandstifter zeigen – die Zustände in den Lagern sind es, auf die wir verweisen müssen: unmenschlich schon vor dem Aufbruch der Cornonapandemie.

Und Europa schaute zu.

Lassen sie mich ein grausiges - sich hoffentlich sich nie erfüllendes - Szenario für Langenhagen beschwören: Es ist Krieg, Bomben fallen, Temperaturen weit über 40 Grad, es gibt kaum Trinkwasser und die Menschen hungern. Würden wir dann nicht alle versuchen aus dieser Hölle zu fliehen – würden wir dann nicht alle selbst zu Geflüchteten?

Kriege, Hunger und diese Hitze sind weder Gott noch Natur gemacht.

  • Deutschland ist der 4-größte Waffenexporteur der Welt (lt. SIPRI-Bericht 2020). Das Geschäft brummt, vor allem, wenn die kriegsführenden Parteien gleichzeitig beliefert werden - und die Menschen sterben.

  • Deutsche Lebensmittelkonzerne tragen mit billigen Nahrungsmittelexporten insbesondere ins mittlere Afrika dazu bei, dass die dortige einheimische Nahrungsmittelproduktion kaputt gemacht wird und die Menschen hungern. Sie können sich diese - zum Teil auch noch minderwertigen - Lebensmittel nicht leisten.

  • Und wir sind - bezogen auf die Einwohner*innenzahl unseres Landes und unserem hohen Energieverbrauch - mit verantwortlich für die zunehmende weltweite Klimaerwärmung, die wiederum zu tödlichen Hitzezonen insbesondere in Afrika führt.

Das sind die wahren Fluchtursachen und wir alle können zumindest einen kleinen Teil dazu beitragen, das Leid für die Betroffenen etwas zu lindern, so auch in Langenhagen.

Die Initiative „Seebrücke“, die sich seit Jahren für Geflüchtete einsetzt, hat erreicht, dass etliche Städte – wie auch unsere Landeshauptstadt – sich dafür einsetzen, deutlich mehr Flüchtlinge aufzunehmen. Und dieses wird aktuell unterstützt in einem Schreiben von 17 Oberbürgermeister*innen, vielen Bürgermeister*innen und und sehr vielen Ratsvertreter*innen aus der gesamten Bundesrepublik.

Sie bekräftigen in diesem Brief erneut ihre Bereitschaft, Geflüchtete aufzunehmen, um die humanitäre Katastrophe zu entschärfen. Sie bitten die Bundesregierung darum, voranzugehen und nicht weiter auf eine gesamteuropäische Lösung zu warten. Europaweit sind Kommunen bereit, die Menschen aus den Lagern an den europäischen Außengrenzen aufzunehmen. Dieses muss ermöglicht werden.

Bundesweit haben sich inzwischen mehr als 180 Kommunen der Initiative „Sichere Häfen“ angeschlossen, sie wollen Wohnraum und ausreichende Versorgung für mehrere Tausend Geflüchtete zur Verfügung stellen. Auf Initiative Thüringens hin haben sich auch einige Bundesländer für die Aufnahme einer deutlich größeren Zahl von Geflüchteten ausgesprochen. An dieser großartigen Solidaritätsaktion von Ländern und Kommunen muss sich Langenhagen einfach beteiligen.

und wir haben in unserem Antrag aufgeführt, dass wir uns insbesondere für unbegleitete minderjährige Geflüchtete einsetzen sollten. Oftmals machen sich Familien zunächst zusammen auf den Weg, verlieren sich dann jedoch durch die Umstände der Flucht aus den Augen. Zu den Fluchtgründen von allein reisenden Minderjährigen zählen unter anderem drohende Zwangsrekrutierung als Kindersoldat, Gefahr von Entführung, drohende Zwangsverheiratung oder auch Genitalverstümmelung. Diese jungen Menschen bedürfen eines besonderen Schutzes. Ich bin überzeugt, dass sich unser Jugendamt dieser Aufgabe mit großem Engagement und Einsatz stellen würde.

Ich hoffe, dass wir diesen Antrag mit großer Mehrheit verabschieden.