Liebe Zuschauer und Zuschauerinnen, sehr geehrter Herr Ratsvorsitzender, sehr geehrter Herr Bürgermeister! Sehr geehrte Ratskolleginnen und Kollegen!

Gleich zu Beginn möchte ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung für ihre Arbeit für die Stadt Langenhagen und ihre Bürger*innen danken. Und insbesondere auch denen, die ihre Zeit und Kraft in den Haushaltsentwurf 2020 gesteckt haben. Sie haben uns in die Lage versetzt, den Haushalt zu verstehen, zu bewerten und die aus unserer Sicht notwendige Korrekturen einzufordern. 

Das verdient Dank und keine Existenzbedrohung, doch dazu später mehr.

 

Einige der heutigen Haushaltsreden haben den Eindruck vermittelt, als ob in den nächsten Jahren eine gewaltige Krise auf uns zukommt. Sie haben aber nicht von der Klimakatastrophe gesprochen, sondern von einer massiven Schuldenwelle, die auf Langenhagen zurollt.

Ja, richtig, die Schulden von Langenhagen werden ansteigen – wenn denn alle Investitionen wie geplant auch umgesetzt werden können. Das merkt sogar die LINKE!  Aber noch viel richtiger ist leider festzustellen, dass in den letzten Jahrzehnten die Infrastruktur total vernachlässigt wurde und schon gar nicht auf die Herausforderungen der Neuzeit reagiert wurde - nicht nur in Langenhagen, sondern auch in den meisten anderen Kommunen, im Land und im Bund.

Allein bei den Kommunen beläuft sich der Investitionsstau nach Berechnung der KfW, der Kreditanstalt für Wiederaufbau, auf 138 Milliarden Euro. Dabei muss sich doch unser Anspruch vor allem darauf richten, notwendige Infrastruktur auch wirklich zukunftsfähig auszubauen.

Und für diejenigen, die hier rufen, Schulden dafür könne mensch der kommenden Generation nicht zumuten: Das sehen die Bürgerinnen und Bürger mehrheitlich anders.  

Das ZDF-Politbarometer vom 13.12.19 zeigt auf, dass von den Bürger*innen höhere staatliche Investitionen in den Bereichen Bildung, Verkehr und digitale Infrastruktur gefordert werden, auch wenn das dann zu zusätzlichen neuen Schulden führt. Dafür sprechen sich 75 Prozent aller Befragten und deutliche Mehrheiten in allen Parteianhängergruppen aus. Lediglich 22 Prozent sind dagegen. Übrigens – das wird Sie in ihren Vorurteilen bestätigen, sind es bei den Wähler*innen der Linken sogar 85 % … und Dirk Musfeldt zum Trotz auch 85 % der Grünen Wähler*innen.

Oder trauen Sie unseren Bürger*innen ein solches Urteil nicht zu? Dann vielleicht dem Industrie-Bundesverband oder dem Deutschen Gewerkschaftsbund? Die haben nämlich gemeinsam ein Investitionsprogramm über 457 Milliarden in den nächsten 10 Jahren vom deutschen Staat gefordert. Dazu können wir als eine von den 10.848 Kommunen Deutschlands durchaus unseren Teil beitragen.

Wir sind seit einiger Zeit in der komfortablen Situation, dass sich das Zinsniveau auf nahezu Null eingependelt hat. Die KfW-Bank, die für sehr viele kommunale Kredite zuständig ist, hat inzwischen sogar Negativzinsen angekündigt. Also wann – wenn nicht jetzt – bietet sich die Chance, die vernachlässigte Infrastruktur mit massiven Anstrengungen deutlich zu verbessern? Das ist eine Investition in die Zukunft unserer Kinder und Enkel. Und sie ist finanzierbar – gerade in der jetzigen Zinssituation. Denn Investitionen sind nutzbares Kapital für die Zukunft.

Die Verwaltung hat uns einen Haushaltsentwurf vorgelegt, der diese Herausforderungen annimmt. Nach dem Großprojekt Gymnasium sollen auch die anderen Schulformen eine deutlich verbesserte Infrastruktur erhalten. Das kommt unseren Kindern zugute. Die permanente Nörgelei über den angeblich zu großzügigen „Langenhagener Standard“ und unnötige Goldkanten geht mir auf den Keks! Das ist Sparen auf Kosten nachfolgender Generationen, denn die anderen, neuen Anforderungen brauchen auch andere neue Standards. Und am Beispiel der Nachrüstungen für die Wasserwelt ist ja gut zu erkennen, dass billig planen nicht unbedingt nachhaltig günstig ist.

Langenhagen wächst – eigentlich sollte uns das alle freuen – aber schon kommen wieder die Nörgler und monieren, dass dadurch ja weitere Infrastrukturkosten für KiTas, Schulen, Sozialeinrichtungen oder den ÖPNV auf Stadt und Region zukommen. Ja, stimmt! Gute und unverzichtbare Bausteine der kommunalen Daseinsvorsorge, die kosten halt.

Und nun zum Stellenplan, der ja gern ins Zielfeld selbsternannter Sparkommissare rückt.

Eigentlich müsste es Ziel einer verantwortungsvollen Personalpolitik sein, bei der Besetzung der Stellen im Stellenplan eine Quote von über 100 % zu erreichen – schließlich sollte die Nachfolge für absehbar ausscheidende Beschäftigte im besten Fall schon rechtzeitig vor dem Freiwerden der Stelle eingestellt werden. Nur so kann die Einarbeitung der neuen Kolleg*innen so gestaltet werden, dass ein Wissenstransfer und ein nahtloser Übergang ohne Mehrbelastung für die anderen Beschäftigten möglich ist.

Davon ist die Stadt Langenhagen bedauerlicherweise meilenweit entfernt. Nun mag es sein, dass das den einen oder anderen freut, weil auf diese Art und Weise die bösen Personalkosten gesenkt werden. Das geht aber zulasten der Qualität der Arbeit der Verwaltung und das kostet auf die Dauer auch Geld.

In diesem Zusammenhang möchte ich auf den Antrag der BBL eingehen, der mich echt gruseln lässt. Betriebsbedingte Kündigungen werden nicht mehr ausgeschlossen, Stellenerweiterungen nicht zugelassen, die Stelle der Sozialdezernentin kann einfach mal der Bürgermeister übernehmen, der hat ja sonst nix zu tun und mit dem Hinweis, dass ab sofort die private Nutzung der dienstlichen Einrichtungen wie z.B. des Internets untersagt wird, wird doch unterstellt, dass die Beschäftigten Faultiere sind, die mehr Nebenbeschäftigungen oder Privates an ihrem Arbeitsplatz erledigen, als dass sie arbeiten. Dazu an die BBL: Ich nehme aus ihrer Gruppierung wahr, dass Sie wirklich gut darin sind, anderen negatives Handeln zu unterstellen. Ich zitiere hier mal Sigmund Freud: „Projektion ist das Verfolgen eigener Wünsche in anderen.“

Ich jedenfalls werde keinen Kürzungen und Einschränkungen im Stellenplan zustimmen.

Langenhagen hatte 2018 laut Erhebung der IHK die achthöchsten Pro-Kopf-Einnahmen bei der Gewerbesteuer, 2016 war Langenhagen noch niedersächsische Spitzenreiterin. Dieser Rückgang auf höchstem Niveau liegt sicherlich auch daran, dass Langenhagen sich an der unteren Grenze der Gewerbesteuerhebesätze in der Region Hannover bewegt. Da ist also Luft nach oben und mit unserem Haushaltsantrag, den Hebesatz für die Gewerbesteuer von 440 auf 460 moderat anzuheben, landen wir im Mittelfeld der Region Hannover, generieren damit aber rund 1,5 Mio. € zusätzliche Einnahmen – das ist bei dem derzeitigen prognostizierten Haushaltsdefizit im Haushaltsplanentwurf der Verwaltung für 2020 nicht unerheblich. Eine Erhöhung des Grundsteuerhebesatzes, wie es der Antrag von SPD, CDU und Grünen vorzieht, halte ich nicht für zielführend, solange die GroKo in Berlin die Anrechnung der Grundsteuer auf die Mieten erlaubt. Außerdem habe ich im letzten Finanzausschuss gelernt - bzw., ich wurde wieder daran erinnert, weil ich das ja eigentlich weiß, -  dass in Langenhagen ein ordentlicher Teil der Grundsteuer von Unternehmen gezahlt wird. Dann kann man das mit der Grundsteuer ja auch ganz lassen und wie von mir vorgeschlagen, den Gewerbesteuerhebesatz um 20 Punkte anheben (anstatt um 10 Punkte wie im Mehrheitsgruppenantrag gefordert wird). Zudem wird 2025 die Grundsteuer bundesweit in den Ländern geändert und dieses sollten wir abwarten, weil noch kein Mensch weiß, wie sich das auf die Bürger*innen vor Ort niederschlägt.

Unsere Anträge, die Vergnügungssteuer auf Regionsniveau anzupassen sowie dem Beispiel der Landeshauptstadt Hannover mit einer Wettbürosteuer zu folgen, würden weitere 150.000€ jährlich in unsere Stadtkasse einbringen. Nun haben wir in Langenhagen nicht gerade viele Wettbüros, aber die Rennbahn. Und wenn es Menschen gibt, die gern ihr Geld verbrennen, dann kann die Stadt Langenhagen davon ruhig 2 % für sich retten. Wenn diese Wettbürosteuer aber durch den Rat ggf. deshalb nicht eingeführt würde, weil die Befürchtung vorherrscht, jemandem mit Einfluss auf die Füße zu treten, so wie es im Finanzausschuss zu hören war, dann hätte das schon ein Geschmäckle…

Doch Sparen und Einnahmeerhöhungen sind kein Selbstzweck. Ein wesentlicher Beitrag gegen die Klimakatastrophe und Ausdruck einer energiepolitisch sinnvollen, notwendigen und auch finanzierbaren Neuinvestition in diesem Bereich wird das Langenhagener Klimapaket sein, das wir hoffentlich Anfang 2020 mit großer Mehrheit beschließen werden. Dafür haben wir jetzt erst mal in unserem weiteren Haushaltsantrag 500.000 € eingesetzt, so wie es ja auch der Antrag der derzeitigen Mehrheitsgruppe - GroKo mit unabhängigem Grün - vorsieht.

Und dann gibt es noch den Antrag 503-1, der sich auf die Änderungsliste 2 der Verwaltung bezieht. Einiges davon hat sich schon erledigt, daher der Änderungsantrag zu unserem eigenen Antrag. Ein bisschen ist doch noch übriggeblieben, womit wir uns beschäftigen müssen.

So soll im Bereich „soziale Einrichtungen für Ältere“ der Ansatz von 50.000 € auf 30.000 € gekürzt werden. Sinnigerweise dann auch noch mit der knappen Begründung „demographischer Wandel“ und einer nachgelieferten Begründung, der Ansatz sei ja in 2019 nicht vollständig abgerufen worden. Weder die eine noch die andere Begründung ist für mich nachvollziehbar, daher beantrage ich diese Kürzung nicht zu übernehmen. Und auch die Kürzungen im Personalmanagement halte ich für sehr kurzsichtig, weil wir schon genügend Probleme haben, geeignetes Personal zu finden.

Und last but not least. Von der Notwendigkeit des Sparens wurde heute schon viel erzählt, gilt das auch, wenn es einen persönlich angeht? Machen wir die Probe aufs Exempel. Ich beantrage mit unserem 6. Haushaltsantrag die Kürzung der monatlichen Aufwandsentschädigung für uns alle hier im Rat. Dieser Antrag hat sowohl im Finanzausschuss wie auch bei Facebook schon zu einiger Entrüstung geführt.  Die meisten von uns machen sicherlich in diesem Ehrenamt eine sehr wertvolle und auch zeitintensive Arbeit. Aber es gibt auch ganz viele Menschen, die viel Zeit und Kraft in ihr Ehrenamt investieren und dafür überhaupt keine Entschädigung erhalten. Die jährlichen eingesparten Mittel von rd. 36.000 € sind sicherlich nur „peanuts“, könnten aber durchaus als Signal taugen, wie ernst wir das „Sparen“ nehmen. Dieser Antrag wurde schon als „Populismus pur“ beschimpft, für mich ist das Solidarität pur und ein kleiner, bescheidener Beitrag zur Reduzierung der Kosten.

 

DIE LINKE wird den Haushaltsentwurf der Verwaltung mittragen, wenn es nicht noch zu gruseligen Änderungen dazu kommt und ich würde mich freuen, wenn es für unsere Ergänzungsvorschläge ausreichende Mehrheiten im Rat gibt.