Auf die Debatte zum AfD-Spitzelportal mussten die Zuschauer*innen reichlich warten, obwohl dieser Punkt fast ganz vorn auf der Tagesordnung stand. Es ging schon unschön los – mit knapp 30 Minuten Verspätung. Während sich Ratsvorsitzender Friederichs (CDU) dafür wenigstens entschuldigte, grummelte SPD-Fraktionschef Dr. Köhler, die Verwaltungsausschusssitzung habe halt länger gedauert. Ein Großteil der Zuhörer*innen war wegen des AFD-Denunziantenportals und wegen diverser Zuschussanträge für ehrenamtliche Initiativen und Vereine gekommen. Wenn aber nun einige Ratsmitglieder meinen, ein pünktlicher Sitzungsbeginn wäre nicht so wichtig und die Besucher*innen der Ratssitzung könnten ruhig warten, tragen sie mit zur zunehmenden Politikverdrossenheit bei. 

Wer nun geglaubt hatte, jetzt gehe endlich die politische Auseinandersetzung um das „AfD-Lehrerportal“ los, musste sich noch deutlich in Geduld üben. Unter dem unscheinbaren TOP „Anfragen“ musste Bürgermeister Heuer einen umfangreichen Fragenkatalog des Ratsherrn Dr. Mommsen (BBL) zu Krippenplätzen in Kaltenweide in den nächsten 10 Jahren und zur (Nicht-)Sanierungsfähigkeit des Rathauses beantworten. Das tat der Bürgermeister genüsslich, in dem er – wie er es selbst ausdrückte – als vorgezogenem Vorlesetag jede der gefühlt 20 Einzelfragen vorlas und ebenso die ausführlichen Antworten. Formal korrekt war das nach der Niedersächsischen Kommunalverfassung schon, im Interesse der Zuhörer*innen war dieses zeitraubende Spielchen allerdings nicht. Dr. Mommsen hätte die Möglichkeit gehabt, sich – wie üblich - mit einer schriftlichen Antwort zu den Detailfragen zufrieden zu geben. Kasperletheater auf Kosten der Geduld der Ratsbesucher*innen.

Nun zur AfD. Eine große Ratsmehrheit von CDU bis Linke im Langenhagener Rat hatte in Anlehnung eines ähnlichen Antrages aus dem Rat Garbsen eine gemeinsame Resolution gegen das AfD-Denunziantenportal eingebracht. Die Langenhagener AfD`ler provozierten vor der Sitzung und hatten Flyer im gesamten Ratssaal ausgelegt, um für ihr Portal zu werben. Provokation oder Dummheit, das weiß mensch bei denen nie. Das Verteilen von parteipolitischen Flyern im Rathaus ist aus Gründen der Neutralität jedenfalls verboten.

Den gemeinsamen Ratsantrag brachte SPD-Ratsherr Wolfgang Kuschel in einem sehr engagierten Beitrag ein und vergaß auch nicht – danke dafür – darauf hinzuweisen, dass ich diese gemeinsame Aktion angestoßen hatte. CDU, FDP, Grüne/Unabhängige und BBL wiesen mit unterschiedlicher Argumentation, aber gemeinsam entschieden die AfD-Aufforderung Lehrer*innen und Lehrer zu denunzieren, deutlich zurück. In meinem Redebeitrag hatte ich im Schlusssatz den Dichter Hoffmann von Fallersleben zitiert, der sich zum „größten Lump in Stadt und Land“ eindeutig geäußert hatte.  Und dann gab es da noch gegenseitige politische Blumen. Hatte ich in meinem Redebeitrag den CDU-MdL Seefeld für seine Bemerkung im Landtag lobend zitiert  „Wer heute Lehrer politisch brandmarkt, führt morgen Andersdenkende in Zwangsjacken ab.“, so kam in der Ratssitzung von Herrn Soltau (CDU) ein politisches Kompliment zurück. Der Rat könne stolz sein auf seine demokratische Linke, weil ich neben den genannten Denunziationsbeispielen auch die Situation in der Ex-DDR nicht verschwiegen hätte. Claro – was sonst.

AfD-Vertreter Hinz war (mal wieder) nicht in der Lage auf die Diskussion im Rat zu reagieren, sondern verlas nur stumpf eine offensichtlich vorbereitete Erklärung (seines Landesverbandes?). Inhaltlich sprang ihm einzig Ratsherr Eilers Wg-AfL bei, der sich erdreistete, Thesen der Offenen Gesellschaft auf die rechtlich gleiche Stufe zu stellen wie die im Rathaus verteilten AfD-Propagandablätter. Bürgermeister Heuer wies diesen falschen Vergleich zurück und sprach sich eindeutig dafür aus, dass die Offene Gesellschaft jederzeit ihre Aufrufe an städtischen Gebäuden aushängen könne.

Letztendlich stimmte der gesamte Rat außer den noch anwesenden 3 Afd`lern für die Resolution – einer der 3 enthielt sich sogar.

Zwei Änderungsanträge für eine kommunale Reinigung in der Schule sowie eine demokratische Kulturförderung habe ich formal eingebracht, damit sie nachfolgend in den Fachausschüssen inhaltlich beraten und auf einer der nächsten Ratssitzungen behandelt werden können.

Warum ging diese Ratssitzung über 4 Stunden bis nach 22.30 Uhr? Nun, nach dem Motto „Es ist alles schon gesagt worden, nur noch nicht von mir“ ereiferten sich die über die Fraktionen verteilten bekannten Vielredner – alles Männer – über Zuschüsse für Initiativen und Sportvereine, neue Kitas und anderes mehr. Diskussionen, die längst in den Fachausschüssen umfangreich geführt worden waren, wurden langatmig wiederholt. Am Ende gab es dann trotzdem vielfach einstimmige Ratsbeschlüsse – das hätte auch deutlich schneller gehen können.

Vielleicht uferte manche Diskussion auch aus, weil schlicht Rosenmontag war, wie es auch an den Revers einiger Damen des Rates zu erkennen war und einem ab und zu schüchtern vorgetragenen Alaaf und Helau. Also ist Achtsamkeit angebracht, damit mensch sich nicht bei der nächsten Ratssitzung am 01.04.2019 gegenseitig in den April schickt.