Hier kann meine Redebeitrag nachgelesen werden, wie ich ihn auf der Ratssitzung (so ungefähr Zwinkernd) gehalten habe:

Wir haben hier heute mehrfach das Klagelied des Untergangs der Finanzen der Stadt Langenhagen gehört. Das ist Klagen auf ganz hohem Niveau, schauen Sie doch einfach  mal nach NRW: Da kämpfen Kommunen tatsächlich ums nackte Überleben.

Hinter ihrem Streben nach der viel beschworenen „schwarzen Null“ und nach einer Begrenzung der kommunalen Verschuldung steht der Glaube, dass ein Staat seine Einnahmen und Ausgaben unabhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung planen und vornehmen könne. Wir haben es hier ja schon gehört: Ein Privathaushalt könne auch nicht mehr ausgeben, als er einnehme. 

Ergo gelte dies auch für die Finanzen von Bund, Ländern und Kommunen. Sie sollten nach Ihrer Auffassung ihre Ausgaben so planen, dass der Haushalt keine Defizite verzeichnet – die Ausgaben sich also den Einnahmen anpassen.

Diese Sichtweise führt aus mehreren Gründen in die Irre. So hängen Einnahmen und Ausgaben eines öffentlichen Haushalts unmittelbar von der konjunkturellen Entwicklung ab. Sie sind keineswegs sicher planbar oder klar vorhersehbar. – wie wir hier in Langenhagen gerade erfahren. Ja, 12 Mio. € weniger, das ist kein Pappenstiel, aber es ist auch nicht der Untergang.

Es ist uns als Kommune nicht möglich, sinkende Einnahmen oder steigende Ausgaben einfach mal dadurch auszugleichen, dass wir die Einnahmen oder Ausgaben zeitnah an anderer Stelle erhöhen oder senken. Gerade kommunale Finanzflüsse beruhen auf gesetzlichen oder vertraglichen Regelungen und Verpflichtungen, die allenfalls mittelfristig, in vielen Fällen aber gar nicht geändert werden können. 

Perspektivisch mag ich mir die Bemerkung aber nicht verkneifen, dass in Langenhagen mit einem Gewerbesteuerhebesatz von 440 durchaus noch Luft nach oben ist. 

Lassen Sie mich einen kleinen Exkurs einfügen:  Jeder Euro Geldvermögen, den jemand besitzt, wird von jemand anderem geschuldet. Und jeder Euro, den jemand schuldet, wird von jemand anderem besessen. Zieht man also vom Wert aller Geldvermögen den Wert aller Schulden ab, so ist das Ergebnis immer gleich: null. Geldvermögen haben üblicherweise vor allem die Privathaushalte (genauer: einige von ihnen – denn Vermögen ist leider sehr ungleich verteilt). Mittlerweile verdienen hierzulande aber selbst Unternehmen so gut, dass sie Geld auf die hohe Kante legen. Wenn aber alle immer mehr sparen wollen, dann muss das Geld untergebracht werden. Irgendjemand muss Schuldner sein, damit Privathaushalte und Unternehmen Vermögende sein können. Im Inland bleibt nur noch der Staat. Seine Schuldenaufnahme soll nun aber, Stichwort „schwarze Null“, drastisch begrenzt werden bzw. sogar ganz unterbleiben. Dann bleibt nur noch, dass das Geld ins Ausland fließt, dessen Schulden damit immer größer werden; das schwächt die Binnennachfrage, führt zu außenwirtschaftlichen Ungleichgewichten und destabilisiert damit.

Umgekehrt bedeutet das aber auch, dass der Staat – anders als der „schwäbische Hausmann“  – durch eine Ausweitung seiner Ausgaben wichtige Nachfrageimpulse setzen und damit die wirtschaftliche Entwicklung stärken kann. Bei öffentlichen Investitionen und öffentlicher Beschäftigung ist dieser Effekt besonders groß.

Kurzum: Wer Staatsschulden als Teufelszeug bekämpft, hat nicht verstanden, wie der moderne Kapitalismus funktioniert.

Doch zurück nach Langenhagen:

Im Finanz-, Wirtschafts- und Personalausschuss wurde es schon angesprochen: Wird kein Nachtragshaushalt verabschiedet, kommt die Haushaltssperre: Eine Haushaltssperre löst das Problem unzureichender Deckung einzelner Haushaltstitel aber nicht, sondern wirkt im Gegenteil ökonomisch kontraktiv, weil investive oder konsumtive Ausgaben nicht vorgenommen werden. Allerdings ist eine Haushaltssperre in anderer Hinsicht sehr effektiv: Sie hindert uns, die Politik, daran Einfluss zu nehmen. Ob es das ist, was Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen damit erreichen wollen, kann ich mir ganz schlecht vorstellen. Ganz abgesehen davon, dass eine wichtige soziale Initiative wie Ophelia ohne ausreichende kommunale Zuschüsse vielleicht ihre wertvolle Arbeit einschränken müsste.

Auch die Idee, jetzt schon mal die Verwaltung damit zu beauftragen ein Haushaltssicherungskonzept zu erarbeiten, halte ich für eine ziemlich schlechte Idee. Viele von Ihnen dringen immer wieder darauf, dass Stellen in der Verwaltung abgebaut werden müssten. Dann können Sie aber nicht zeitgleich darauf dringen, dass die Verwaltung dann auch noch eine – derzeit unnötige – Aufgabe übernimmt, die mit einem sehr hohen (Personal) Aufwand verbunden wäre. Wir haben Überschüsse in der zweckgebundenen Rücklage, die als Haushaltsausgleich herangezogen werden können. Lassen Sie uns bei dem bleiben, was wir beschlossen haben, nämlich die Aufgabenkritik weiter zu entwickeln. 

Als wir im Januar den Haushalt verabschiedet haben, habe ich gegen den HH gestimmt, u.a. weil mir mit dem dort enthaltenen HH-Begleitantrag der damaligen Gruppe der Vielfalt zu viel Personalabbau und unangemessene Rasenmäherkürzungen im investiven Bereich enthalten waren. 

Diesem NachtragsHH werde ich zustimmen. Nicht weil er mir so gut gefällt, sondern weil es in Langenhagen nicht zum Stillstand kommen darf – und ich keine Lust habe, mich in meinen politischen Spielraum als Mandatsträgerin einzuschränken zu lassen.