Ich möchte an dieser Stelle meine Haushaltsrede für den als Doppelhaushalt 2018/19 eingebrachten Haushalt der Stadt Langenhagen veröffentlichen.
Sehr geehrte Einwohner*innen, sehr geehrter Herr Bürgermeister und sehr geehrter Herr Ratsvorsitzender!
Ich möchte mit dieser Haushaltsrede die Diskussion in eine gegensätzliche Richtung lenken, als das zuvor die RednerInnen und Redner der sog. Gruppe Vielfalt getan haben.
Auch wenn die Verwaltung – und das ist ihr Job – vor einem hohen Defizit warnt, sollten wir uns als Politiker*innen davon nicht all zu sehr beeindrucken lassen. Die Konjunktur boomt!
Bund, Länder, Kommunen und Sozialversicherung nahmen zusammen 38,4 Milliarden Euro mehr ein, als sie ausgaben, wie das Statistische Bundesamt in Berlin jüngst mitteilte. Das ist der höchste Wert seit der Wiedervereinigung. Wer in dieser Situation nicht kräftig investiert, setzt die Zukunftsfähigkeit aufs Spiel und schadet dem gesellschaftlichen Zusammenhalt und der Demokratie. Im Gegensatz zu der Finanzlage in vielen anderen Kommunen, gehört Langenhagen in Niedersachsen nach wie vor zu den Kommunen mit dem höchsten steuerlichen Pro-Kopfaufkommen bei sehr moderaten Hebesätzen.
Und so möchte ich doch heute hier mal den Ratsherrn Behrens zitieren, der im Vorfeld der Verabschiedung des letzten Haushaltes im Echo vom 14.12.2016 wie folgt zitiert wurde: „Schulden sind per se nichts Schlechtes; dagegen stehen ja unsere Investitionen, die die Stadt zukunftsfähiger machen.“ Da hat er einfach Recht.
Und denen, die wir hier heute schon klagen gehört haben, dass die Stadt in ihren finanziellen Ruin läuft, wenn wir so weitermachen, möchte ich sagen: Es gibt zwei Varianten diesen Gang in die Verschuldung abzubremsen: Wir kürzen bei den Ausgaben – das ist Ihre Variante. Die Mehrheitsgruppe der „AG Vielfalt“ will die Budgets für die Bauinvestitionen mal einfach so per Rasenmäher um 15 % reduzieren.
Ich als LINKE aber sage, das ist nicht sinnvoll. Lassen Sie uns – wenn es denn an der Zeit ist – an den Einnahmen drehen.
Zum drohenden Aus der Grundsteuer, die wohl vor Gericht als verfassungswidrig erklärt wird, ist die Bundespolitik gefordert, vielleicht geben Sie ihren Parteifunktionär*innen – werte Kolleg*innen von SPD und CDU - die jetzt gerade zur GroKo verhandeln mal einen Tipp dazu, wichtig wäre - zügig! - ein Gesetz, dass die Grundsteuer verfassungskonform und aufkommensneutral regelt, damit den Kommunen dort nicht ein böses Erwachen droht.
Und da Sie in Ihren Reden eben ja schon ein paar Mal die Grundsteuer beschworen haben: Nein, an der Grundsteuer will ich nicht drehen, denn das geht – wie Sie richtig ausgeführt haben - nur zu Lasten aller Einwohner*innen, die entweder zur Miete oder im Eigentum wohnen. Nein – wenn wir Steuern erhöhen wollen, dann können wir problemlos an der Gewerbesteuer schrauben und ich bin sicher, nur deshalb wird hier kein Unternehmen seine Hallen abreißen. Und wir können dann noch mal vermehrt darauf schauen, wo und wie noch weitere Fördergelder einzuwerben sind.
Aber so weit ist es noch nicht!
Den Frühindikatoren nachdürfte die Beschäftigung 2018/19 weiter kräftig steigen und die Zahl der Arbeitslosen sinken, schreiben die Bundesbank-Fachleute… und denen ist gewiss keine linke Nähe nachzusagen. Das heißt also für die Stadt: auch weiterhin steigende Einnahmen aus Einkommen- und Gewerbesteuer.
Und so wird ersichtlich, dass die Mehrheitsgruppe mit ihren Kürzungsvorschlägen die Zukunftsfähigkeit der Stadt Langenhagen aufs Spiel setzt. Und – wie die haz vom 20.01.2018 im Kommentar von Frau Neander titelt: Der Demokratie einen Bärendienst leistet.
Gut Verdiendende können auf viele öffentliche Leistungen verzichten, die große Mehrheit unserer Einwohner*innen aber profitiert von Investitionen: In gute Schulen, eine zuverlässige Verwaltung, in KiTas, sozialen Wohnungsbau, in Sozial-, Jugend- und Nachbarschaftsarbeit und Berücksichtigung der Interessen unserer Senior*innen.
Insbesondere unsere Verwaltung scheint der „AG Vielfalt“ ein Dorn im Auge zu sein.
Schon für den HH 2017 drohte das politische Konglomerat von CDU, Grünen, BBL, FDP, Unabhängigen und WAL den Beschäftigten der Stadtverwaltung ziemlich offen mit betriebsbedingten Kündigungen, was aber in der Haushaltsdebatte voller Inbrunst vom Grünen Fraktionsvorsitzenden Musfeldt zurückgewiesen wurde: betriebsbedingte Kündigungen seien von der Gruppe nie beabsichtigt. Da könnten die Kollegen und Kolleginnen sicher sein. Lieber Dirk, der Antrag, den Ihr dieses Mal mit eingebracht habt, liest sich aber anders - wiedermal.
Und falls ich mich da irre, Ihr hättet heute die Gelegenheit, gegen betriebsbedingte Kündigungen zu stimmen!
Es ist das alte Lied: Anstatt die Arbeitsfähigkeit der Verwaltung Langenhagen weiter zu verbessern, wird mit der Kahlschlagpolitik genau das Gegenteil erreicht. Sie sorgen mit Ihren Kürzungsabsichten dafür, dass die Unzufriedenheit in der Verwaltung steigt und sich gerade die gut qualifizierten Menschen weg bewerben werden. Das bestätigt auch die Stellungnahme des Personalrates von heute, ich zitiere: „Die Unsicherheit steigt und die Motivation sinkt spürbar. Immer wieder hört man Aussagen wie ‚Hannover sucht immer Leute‘.“ Und ich kann mich auch dem Schlusssatz des Schreibens voll anschließen: „Nur MIT der Belegschaft kann gute Arbeit gelingen.“
Ich hoffe, dass sich eine Mehrheit für die Forderungen im Antrag der SPD finden: Es soll weiterhin auf betriebsbedingte Kündigungen verzichtet werden und bei neuen Stellenbesetzungen keine sachgrundlose Befristung geben.
Insgesamt geht mir die Zögerlichkeit, mit der hier immer wieder Beschlüsse rausgezögert werden, ziemlich auf den Keks. Mensch denke da nur an die Eishalle. So oft, wie hier die Drucksache auf der Tagesordnung stand, hat wohl auch das Murmeltier täglich gegrüßt. Da mussten schon viele Eissportler*innen im Leistungs- wie im Breitensport drunter leiden. Insbesondere diejenigen, die auf die Barrierefreiheit dieser Halle angewiesen sind. Das empfinde ich als Trauerspiel, auch wenn jetzt für die Haushaltberatungen doch wenigstens in beiden Anträgen eine Summe von 500.000 Euro für die Eishalle wiederzufinden ist. Ich bin neugierig, wann da endlich entschieden wird. Auch mit Aussitzen lassen sich gute Projekte kaputt machen.
Schon im September wurde dieser HH von der Verwaltung – als Doppelhaushalt – eingebracht, im Dezember wollten wir ihn verabschieden. Eigentlich doch genügend Zeit für Beratungen – oder? Ich glaube ja, dieser Rat wäre aus Zeitgründen gut beraten, einen Doppelhaushalt zu verabschieden – aber dafür sehe ich derzeit keine Mehrheit, spare mir also den Atem, das weiter auszuführen oder gar zu beantragen.
Der letzte Haushalt wurde schon zu spät verabschiedet, das lag allerdings an den gerade erfolgten Kommunalwahlen. Und durch die späte Verabschiedung wurden die Zuschüsse an die ehrenamtlich Arbeitenden erst im Spätsommer ausgezahlt – das sollte nicht wieder passieren, gelobten fast alle Politker*innen hinterher unisono – und versuchten die Schuld bei der Verwaltung abzuladen.
Jetzt haben wir den 22.1. Also steht zu befürchten, dass es auch wieder Sommer wird, bis die Zuschüsse ausgezahlt werden – die zudem noch gekürzt werden sollen. Danke also an die hier im Saal, die nicht in die Pötte gekommen sind.
Ich will hier jetzt nicht auf alles eingehen, was im Antrag der AG Vielfalt zu finden ist – der an einigen Stellen aber leider auch als etwas einfältig zu bezeichnen ist.
Pädagogisch wertvoll ist es immer erstmal zu loben: Ja, danke, dass Sie an den sozialen Wohnungsbau gedacht haben und ja, ich unterstütze es auch, dass Sie das tausend-Bäume-Programm fortführen wollen und auch die Gestaltung der Rieselfelder auf dem Plan haben oder sich für ein Job-Ticket der Mitarbeiter*innen der Stadtverwaltung einsetzen. Schön auch, dass sie sich einiges aus den Vorschlägen der Bürger*innen aus dem Bürgerhaushalt herausgepickt haben.
Aber:
Meine Damen und Herren, sie geben mit diesem Antrag einen großen Teil ihrer politischen Verantwortung an die Verwaltung ab. Rund 10mal enthält der Antrag der „AG Vielfalt“ den Vorschlag, dass „ausreichende Mittel“ zur Verfügung zu stellen sind. Wer entscheidet dann, was „ausreichend finanzielle Mittel“ sind? … Sie, oder die Verwaltung oder wird das ausgewürfelt? Wenn dem so ist, dann könnte ich das politisch maximal mit „ausreichend“ bewerten, aber doch eher mit „mangelhaft“…
Sie wollen die Stellen in der Verwaltung zusammenstreichen und versorgen sie gleichzeitig mit zusätzlichen Aufträgen. Mit mehr als 15 Aufträgen an die Verwaltung und 2 neuen Stellen, die aber nicht den Stellenplan erhöhen dürfen. … und dem Auftrag, ein Konzept vorzulegen, wie 10 % der Personalkosten in den nächsten Jahren eingespart werden können. Tolle Motivation für eine Verwaltung! Und zudem bar jeder Logik.
Wie sehr dieser Antrag mit der heißen Nadel gestrickt ist, zeigen auch die Ausführungen der Präsidentin des Sportrings Frau Hentjes. Sie streichen sowohl dem Passat-Segelclub wie auch dem MTV Engelbostel-Schulenburg die Zuschüsse mit Verweis auf die Zuständigkeit des Sportrings. Zumindest diejenigen von Ihnen, die hier schon länger im Rat sitzen, hätten wissen müssen, dass eine Finanzierung über den Sportring so nicht funktioniert, sondern der Rat in der Verantwortung steht.
Und zu den Kürzungen bei den Zuwendungen insgesamt. Sorry, meine Damen und Herren, was sie da so „gespart“ haben, sind im Angesicht von Ausgaben in Höhe von weit mehr als 200 Millionen Euro doch echt nur Peanuts und zeigen gleichzeitig damit ihre fehlende soziale wie demokratische Verantwortung.
Auch die AWO hatten sie ja letztes Jahr schon auf dem Kieker. 48.000 Euro für die Schuldnerberatung, die wollen Sie erst mal nicht bewilligen mit Hinweis auf zu späte Eingabe und fehlenden Nachweis. Googeln Sie doch einfach mal AWO Region Hannover – dann können Sie sehen, was da so alles Positives passiert. Und das wollen sie finanziell austrocknen?
Vielleicht sollten Sie mal wieder das Tierheim besuchen, dann würden Sie wissen, dass die Kosten für die Erweiterung dringend notwendig sind, die Sie nicht aufbringen wollen.
Eines kann ich Ihnen versichern: Meine Linke Stimme bekommen Sie weder für Stellenabbau noch für Kürzungen bei den Investitionen und den Zuwendungen! Daher an dieser Stelle schon mal der GO-Antrag, über die einzelnen Punkte getrennt abzustimmen.
Und zum Schluss möchte ich kurz auf meinen Antrag zur Verbesserung der Verfahren im Bürgerhaushalt hinweisen. Im Moment ist hier die Beteiligung rückläufig und insgesamt meines Erachtens nicht ausreichend. Daran müssen wir arbeiten. Aber nicht einfach als Auftrag an die Verwaltung, sondern als Aufruf zur Zusammenarbeit von Einwohner*innen, Ratspolitiker*innen und Mitarbeiter*innen der Verwaltung. Dafür würde ich mich über Ihre Zustimmung freuen.