Hier möchte ich meine Haushaltsrede dokumentieren, die ich gestern auf der Ratssitzung so vorgetragen habe.

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, und in gleicher Person – liebe Verwaltungsspitze,

Sehr geehrte Ratskolleginnen und Kollegen, und insbesondere sehr geehrte Einwohnerinnen und Einwohner sowie liebe Kolleginnen und Kollegen aus der Verwaltung im Zuschauerbereich

Die letzten Wochen in der Langenhagener Ratspolitik – also eigentlich meine ersten Wochen – frisch gewählt in Langenhagen, aber kommunalpolitisch seit mehr als 20 Jahren hauptamtlich tätig, - haben mich zum Teil doch sehr erschreckt.

Ich - als Vertreterin der Linken - bin angetreten, um für eine menschliche, soziale und umweltgerechte Weiterentwicklung unserer Stadt einzutreten. Und mal ganz ehrlich, das ist eigentlich gar nicht so schwer in Langenhagen – wo doch schon das neue Spaßbad, die Wasserwelt Langenhagen, aus der „Portokasse“ bezahlt werden kann. Im Gegensatz zu der Finanzlage in vielen anderen Kommunen, die sich schon lange keine freiwilligen Aufgaben mehr leisten können. Bekanntlich ist Langenhagen die niedersächsische Kommune mit dem höchsten steuerlichen Pro-Kopfaufkommen bei sehr moderaten Hebesätzen. Da ist durchaus noch Luft drin – und ich höre gerade neben mir vom Bürgermeister ein zustimmendes Geräusch.

Aber es gestaltet sich doch ziemlich schwer: Nehmen wir nur die Haushaltsdrucksache 2017/100. Da droht ein politisches Konglomerat von CDU, Grünen, BBL, FDP, Unabhängigen und WAL ziemlich offen den Beschäftigten der Stadtverwaltung mit betriebsbedingten Kündigungen. Es sei denn, sie lassen sich auf - bisher noch nicht genauer definierte – Zugeständnisse ein. Jetzt gerade während der Haushaltsreden mag es keiner so gemeint haben und die Mehrheitsgruppe fühlt sich nun doch arg missverstanden? Auch wenn Herr Mommsen nun vorschlägt, man könne ja auch eine Dienstvereinbarung abschließen – Und? Was ändert das? Nix!

Verklausuliert nennen sie das „sozialverträgliche Konsolidierung“. Das Beispiel der Landeshauptstadt Hannover aus dem Jahr 2010 wird zitiert, wo die Belegschaft auf 2% Gehaltserhöhung „freiwillig“ verzichtete, damit es nicht zu betriebsbedingten Kündigungen kommt. Ein nachahmenswertes Beispiel also für Langenhagen? – finde ich nicht!

Wer nun annimmt, im öffentlichen Dienst wären betriebsbedingte Kündigungen nicht möglich, die oder der möge sich doch den Ratsantrag derselben 6er- Gruppe ansehen – die Drucksache 2017/063 zum Gebäudemanagement und zur Eigenreinigung. Es soll rein wirtschaftlich geprüft werden, ob Eigenreinigung oder Fremdreinigung günstiger ist – Arbeitsverhältnisse und Entlohnung werden ausgespart. Sollte trotzdem die Eigenreinigung günstiger sein, soll sich nichts ändern – ansonsten … betriebsbedingte Kündigungen???

Insgesamt ist es immer ziemlich einfach, auf die Verwaltung einzuschlagen – neudeutsch „Verwaltungsbashing“. „Die Verwaltung“, die dies nicht tut und das nicht kann…

Aber es ist doch klar, dass ein solcher Ratsbeschluss - sollte er die Mehrheit bekommen - auch die Motivation der Beschäftigten senkt und damit Abwanderungstendenzen nach sich zieht. --- und die Besten gehen immer zuerst, weil sie die besten Chancen auch woanders haben.

Ein solcher Beschluss ist also wirklich keine gute Idee!

 

Wir haben einen guten Grundstock an Personal – und auch wenn der eine oder andere Ratspolitiker hier die Sau des angeblich zu hohen Personalstandes durch die Stadt treibt – wir in Langenhagen befinden uns da durchaus nicht an der Spitze und eigentlich fehlt es noch an vielen Ecken.

  • Beispielsweise an Planern für die anstehenden Bauprojekte – u.a. des Gymnasiums.
  • … und ich finde, die Stadt Langenhagen könnte durchaus noch einige Auszubildende mehr haben, dann bleibt ja vielleicht doch die eine oder der andere.
  • Und wir brauchen Erzieherinnen, um die KiTas noch besser auszustatten
  • und Sozialarbeiter*innen, Schul-Begleitungen – denn in Vorsorge für unsere Kinder zu investieren, das sind die wichtigsten Investitionen in die Zukunft.

„Was sind die Kinder Wert?“ fragt der Redakteur Sven Warnecke im HAZ-Kommentar vom 23.02.2017. Er geht auf die Weigerung der neuen Mehrheitgruppe ein, der AWO in Kaltenweide einen Zuschuss von 8.000 € für die offene Jugendarbeit zu gewähren. Zitat Sven Warnecke: „Angesichts der Steuerkraft der Stadt sind 8.000 € doch eher eine Randnotiz. Wo doch … für 27 Millionen € ein neues Bad entsteht“.

Kinder und Jugendliche sind anscheinend nicht so wichtig und die AWO ist sowieso böse – so drängt sich mir die Motivlage zu dieser Ablehnung auf. CDU, BBL und Herr Behrens setzen nun mit einer Tischvorlage sogar noch einen drauf. In der DS 2017/029 „gestatten“ sie das neue Angebot – nur kosten darf es halt nichts.

 

Da passt es logisch ins Bild, dass der zitierte Haushaltsantrag der Gruppe auch eine deutliche soziale Schieflage aufweist. Trotz guter Haushaltslage ist von sozialem Wohnungsbau nicht die Rede, obwohl überall, auch in Langenhagen, preiswerter Wohnraum Mangelware ist. Und es werden die Kindergartengebühren nicht gesenkt, wie es die CDU im Wahlkampf noch versprochen hatte.

Ich begrüße daher die Absicht der SPD, die Kindergartengebühren zu halbieren, als ersten Schritt in die richtige Richtung hin zur vollständigen Abschaffung. Denn qualifizierte Kinderbetreuung ist für mich ein Grundrecht.

Wer glaubt, das wäre schon genug der Grausamkeiten dieser Gruppe, die und der irrt. Und bei dem – für mich und wohl auch viele Einwohner*innen sehr undurchsichtigen Gebahren der Ratsmehrheit kommen mir komische Gedanken: Das Gelände des Freibades Godshorn scheint potentiell interessantes Bauland zu sein, also lasst uns die Betreibergesellschaft möglichst schnell platt machen, indem wir den beantragten erweiterten Betriebskostenzuschuss von 28.000 € mit sofortiger Wirkung ablehnen -  so die Botschaft für mich aus der Drucksache 2017/100. Zwar steuerten einige Redner*innen in ihren Haushaltsreden leicht zurück und bieten an, man könne ja später entscheiden. Aber bitte – wann ist später? Wenn der Betreiber pleite ist?

Mit der Zustimmung für diesen Zuschuss würden wir uns eine Öffnung des Freibades Godshorn über die dortige Hallenbadschließung hinaus zumindest offenhalten, zumal die Wasserwelt Langenhagen (noch) keinen Außenbereich hat – Hätte doch was für Godshorn und auch darüber hinaus – oder?

--- und hat vielleicht noch jemand der hier Anwesenden im Kopf, was die Schüler*innen bei Pimp your town für das Bad Godshorn vorgeschlagen haben? -… oder war das nicht so wichtig??

Insgesamt fehlt es mir hier bei der Politik in Langenhagen noch deutlich am Willen, die Einwohner*innen unserer Stadt mitzunehmen, ernst zu nehmen und zu beteiligen. Wir haben zwar einen Bürgerhaushalt, aber da ist noch vieles im Argen. So hat die letzte Beteiligung gezeigt, dass das Interesse nicht nur stagniert, sondern sogar abnimmt. Auch da wird es dringend Zeit, noch mehr Gehirnschmalz und Geld einzusetzen, um eine Beteiligung attraktiver zu machen. Für die Bürger*innen „lohnt“ dieser Einsatz aber nur, wenn sie hinterher auch sehen, dass die Politik ihre Vorschläge ernst nimmt und sich dafür einsetzt. Auch das sehe ich bisher so nicht.

Und zum Schluss möchte ich doch noch mal zur Verwaltung zurückkommen: Vorgaben für das Verwaltungshandeln müssen aus der Politik kommen – und da gibt es noch sehr viel Verbesserungsbedarf. Wenn Vorschläge zur Haushaltspolitik ziemlich oft anfangen mit: „Die Verwaltung wird beauftragt…, dann gibt nicht die Politik das Handeln vor. Ein nettes Beispiel ist der Antrag: Die Verwaltung wird beauftragt eine Förderrichtlinie für die Zuwendungen zu erarbeiten – und? Was soll da drin stehen? Erst wenn ich auch das politische Ziel konkret beschreibe, wo es denn hingehen soll, deutlich über 2 Sätze hinaus, dann kann ich die „Verwaltung beauftragen“…und die Verwaltung kann dann auch deutlich zielgerichteter und effektiver arbeiten.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit