Ich habe eine Einladung zum Kämmerertag in Hamburg ergattert. Erwähnenswert ist das deshalb, weil es sich um eine geschlossene Veranstaltung für die „Finanzentscheider des öffentlichen Sektors“ handelt. Es fing dann auch schon heiter an. Als ich in das Curiohaus in der Rothenbaumchaussee eintreten wollte, wurde ich erstmal von einem Türsteher abgefangen. Weiblich und ohne schwarzes Kostüm entsprach ich wohl nicht seinem Bild einer Teilnehmerin. Insgesamt war es – wie zu erwarten – eine stark männlich dominierte Veranstaltung, Kämmerinnen sind halt leider immer noch stark in der Minderheit. Auch die Workshops und Podien waren rein männlich besetzt, geschmückt manchmal durch eine weibliche Moderation. Aber das nur so nebenbei.

 Erck Rickmers – alte helgoländische Familie – hielt dort einen Vortrag aus der Sicht eines Unternehmers, der in die (SPD)Politik gewechselt ist. Prof. Karl-Heinz Paqué – ehemaliger FDP-Finanzminister aus Sachsen-Anhalt – referierte über Wachstum und Steuereinnahmen. Ob er wohl auch eingeladen worden wäre, wenn den OrganisatorInnen in der Planung bekannt gewesen wäre, auf welchem Abwärtstrend sich die FDP derweil befindet? Jedesfalls kamen von ihm keine Thesen, die mich überzeugt hätten, aber das dürfte auch keineN wundern.
Wirklich interessant waren die dann folgenden Workshops. Ich habe mich im ersten Teil für Rekommunalisierung der Energieversorgungsnetze: Erfolgsmodell oder Sackgasse entschieden. Hier stellte Prof. Dr. Thomas Lenk von der Uni Leipzig eine neue Studie vor, welche Motive die Kommunen treiben, die überlegen, ob sie rekommunalisieren wollen. Untersucht wurde auch, inwieweit die Haushaltslage einer Kommune für die Entscheidung pro oder contra Rekommunalisierung relevant ist.
Mein zweiter Workshop trug den Titel: "Hausgemachte Konsolidierung – geht es ohne Hilfe?" Auch in diesem Workshop hatte Prof. Lenk die führende Rolle. Er stellte eine Untersuchung für NRW vor: „Finanzielle Lage der Kommunen, Liquiditätskreditproblematik und Konsolidierung. Ergänzt wurde dieser Vortrag – meiner Meinung nach unnötigerweise – durch die Bürgermeister der Gemeinde Nordkirchen und der Stadt Erwitte. Spannender hätte ich es gefunden, die Thesen von Prof. Lenk in einer Diskussionsrunde zu vertiefen. Leider kam es durch die Dichte der Vorträge genau dazu nicht.

Wie auf solchen Treffen üblich, war das Mittagessen vorzüglich, nur die dann kommende Expertendiskussion mit dem wirklich spannenden Thema „Zukunft der Staatsfinanzen in Europa – Zukunft der Kommunalfinanzierung in Deutschland“ hätte ich mir sparen können. Eine verkrampft-mühsame Moderation und müde Experten brachten mir keine neue Erkenntnisse, sondern machten eher mal wieder deutlich, dass Politik und Wirtschaft auf die derzeitige Krise keine Antworten haben oder geben wollen. Richtig sauer wurde ich, als Werner Gatzer, Staatssekretär aus dem BMF auch noch die Ergebnisse der Gemeindefinanzkommission lobte, die den Kommunen doch so viel Erleichterung gebracht hätten. Ich hörte rechts und links neben mir zwar dazu so manch leises Seufzen, kräftige Pfiffe wären angebrachter gewesen. Aber dazu sind Deutschlands Kämmerer wohl zu konservativ.