Heute möchte ich ein bisschen über Direkte Demokratie philosophieren. Ich bin überzeugt, Direkte Demokratie funktioniert – wenn man sie ernst nimmt. Dazu gehört, dass wir dem Volk zutrauen, sich über einen Sachverhalt eine Meinung zu bilden. Dazu gehört, dass wir den BürgerInnen eine Chance geben, sich objektiv über den Sachstand zu informieren. Gerade das Internet ist hier eine riesige Chance. Insbesondere immer dann, wenn es die Menschen konkret betrifft, halte ich es für unumgänglich, sie auch an der Entscheidung teilhaben zu lassen. Demokratie lebt von der Kultur der Kommunikation.

Doch leider wird dieses Prinzip häufig genug verletzt. PolitikerInnen verstecken sich und ihre Botschaften hinter verschrobenen Sätzen, versprechen das Blaue vom Himmel, ohne die Nachteile zu nennen. Sie beraten hinter verschlossenen Türen, lassen die Menschen nicht teilhaben.  Schon in ihrer repräsentativen Variante hat die Demokratie ein Kommunikationsproblem. Deshalb müssen wir besonders achtsam sein, wenn es um direkte Bürgerbeteiligung geht. Direkte Demokratie funktioniert dann, wenn den BürgerInnen die Auswirkungen ihres Votums deutlich gemacht und sie ehrlich und umfassend informiert werden.

Manchmal entscheidet das Volk anders als erwartet. In Dresden stimmten die Bürger für den Bau der Waldschlösschenbrücke, obwohl damit die Streichung von der Unesco-Welterbeliste bewirkt wurde. In Berlin kassierten sie das Megaprojekt Mediaspree und nahmen damit hohe Schadensersatzforderungen der Investoren in Kauf. Und ein Volksentscheid in Schleswig-Holstein hätte fast dazu geführt, dass dort eine andere Rechtschreibung gegolten hätte als im Rest Deutschlands. In der Schweiz – dem Mutterland der direkten Demokratie - hat das Volk entschieden, dass keine Minarette gebaut werden dürfen. Aber sind solche Entscheidungen Grund genug, sich gegen die Direkte Demokratie auszusprechen? Gibt es nicht im Gegenteil viele parlamentarische Beschlüsse, die ebenfalls negativ zu bewerten sind, die an der Realität des Volkes vorbeigehen, dem Volk Schaden zuführen und nur Einzelne begünstigen? Unsere repräsentative Demokratie ist nicht frei von Beeinflussung und Korruption – ganz im Gegenteil.

Direkte Demokratie hat Regeln – dieselben wie die Repräsentative Demokratie: Verfassungswidrige, gesetzwidrige Beschlüsse darf es nicht geben. Und natürlich muss auch das Volk akzeptieren, was für Parlamente gilt, dass nämlich seine Beschlüsse durch ein Gericht kassiert werden können. Die Gewaltenteilung gilt auch für die Direkte Demokratie.