Im Vorfeld der Ratssitzung zeichnete es sich schon ab: Es gab eine Mehrheit im Rat für eine Abrechnungsstunde mit dem Bürgermeister, die als „Aktuelle Aussprache“ mit dem Titel “Die Rolle des Bürgermeisters und Finanzdezernenten bei der Haushaltssicherung und seine Behauptung, dass die Politik seine Vorschläge zur Haushaltssicherung ablehnt“, aufgerufen wurde.

Ein breites Bündnis von fast rechts außen über liberale GRUPPE und Grüne bis hin zur SPD fühlte sich von Bürgermeister Heuer düpiert, weil dieser in der Presse gesagt haben soll, die Politik nehme seine Vorschläge zur Haushaltskonsolidierung nicht an.

 

Die Aussprache nutzen die einen dafür, ihren Unmut über die angebliche Ignoranz des Bürgermeisters auszudrücken und auch schon anzudeuten, wohin die Reise bei den anstehenden Haushaltsberatungen nach ihrer Meinung gehen soll.

 

Das oben genannte breite Bündnis hatte mit ihrer Mehrheit auf der letzten Ratssitzung durchgedrückt, dass Langenhagen eine*n eigene*n Kämmer*in bekommen soll. Diese Aufgabe wird bisher vom Bürgermeister in Personalunion als Bürgermeister und Kämmerer mit der Unterstützung seiner Finanzabteilung wahrgenommen.

Gleichzeitig monierten sie die finanzielle Situation der Stadt Langenhagen und ignorierten offensichtlich bei ihrer Argumentation, dass die neue Kämmereistelle samt Pensionsrückstellung im ersten Jahr den Haushalt mit knapp einer Million € zusätzlich belastet. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Dr. Köhler und Ratsmitglied Eilers (WAL) warfen dem Bürgermeister vor, keinerlei Vorschläge zur Haushaltssanierung gemacht zu haben. Insbesondere Wilhelm Zabel (Bündnis 90/Grüne): „Senkung der Personalkosten ist notwendig“, Marion Hasenkamp (Liberale GRUPPE): „ Wir geben zu viel aus und der Bürgermeister folgt unseren innovativen Vorschlägen nicht“ und Dr. Mommsen (ebenfalls Liberale GRUPPE): „Wir müssen 30 Mio. € einsparen“ deuteten bereits an, wohin die Reise bei den anstehenden Haushaltsberatungen gehen soll. Eine von ihnen gewünschte deutliche Reduzierung der Personalkosten bedeutet im schlechtesten Fall Personalentlassungen und erhebliche Arbeitsverdichtung für das Personal durch Nichtbesetzung von freiwerdenden Stellen.

 

Ich fand diese aktuelle Stunde schon in ihrer Vorbereitung schräg und hatte – weil auch ich als Mitantragstellerin angefragt wurde – angeregt, den Titel doch etwas verbindender zu formulieren. Nicht nur ich hatte dieses Bedürfnis, das aber – wohl vom Initiator – schlicht vom Tisch gewischt wurde. Daraufhin hatte ich dann auch gern darauf verzichtet, als Antragstellerin genannt zu werden.

 

Hier mein Redebeitrag zur Aktuellen Stunde.

 

In seiner Erwiderung machte Bürgermeister Heuer deutlich, dass er seit Jahren schon konkrete Vorschläge zur Haushaltskonsolidierung – auch auf der Einnahmenseite – gemacht habe, diese aber vom Rat abgelehnt worden wären. Das würde sich wohl auch unter einem eigenen Kämmerer nicht ändern. Da bereits wenige Worte des Bürgermeisters von mehreren Seiten sichtbares Kopfschütteln auslösten, kommentierte er sarkastisch: „Aktives Zuhören ist: erst zuhören, dann werten“ . Da hätten einige Ratsvertreter*innen wohl noch Nachholbedarf.

 

Im Anschluss an diesen TO wurde vom Bürgermeister der kommende Haushalt für die Jahre 2024 und 2025 als „Doppelhaushalt“ eingebracht, das sei nun sein Versuch Nr. drei nach 2018 und 2021, der von der Ratsmehrheit jeweils abgelehnt worden war, von mir aber immer gern unterstützt wurde und wird. Schließlich erhöht sich durch einen Doppelhaushalt die Planungssicherheit der Vereine und Initiativen, die auf städtische Unterstützung angewiesen sind. Zudem könnte ein Doppelhaushalt eine Menge an Arbeitsenergie sowohl in der Verwaltung wie in der Politik einsparen. Aber diesmal scheint es mit dem Doppelhaushalt wohl zu klappen, dessen wesentliches Zahlenwerk von der Leiterin des Finanzbereiches, Frau Schmidt, der Ratsversammlung vorgestellt wurde.

 

und wer sich für den aktuellen Haushaltsentwurf interessiert, dieser befindet sich auf der Seite der Stadt Langenhagen, als „interaktiver Haushaltsentwurf“

 

Angesichts des laufenden Umbaus der Adolf Reichwein-Schule in Wiesenau – während dieser Zeit ist der Schulbetrieb in die freigewordenen Container des alten Gymnasiums in der Kernstadt ausquartiert – forderte die Liberale GRUPPE ergänzend auch den Ganztagsbereich der Adolf Reichwein-Schule gleich mit zu sanieren, das wäre ein Abwasch. Baudezernentin Frau Gifhorn machte deutlich, dass dann der geplante Wiedereinzug der Schüler*innen und Lehrer*innen in 2024 zeitlich unmöglich würde und die vom Rat einvernehmlich vereinbarte Prioritätenliste für etliche Schulsanierungen über den Haufen werfen würde. Ich finde die Idee zwar charmant, aber wer die kommunalen Planungsprozesse kennt, weiß, dass das völlig unrealistisch wäre.

 

Die Kosten für den Betrieb der Wasserwelt steigen von Jahr zu Jahr, so dass eine generelle Erhöhung der Nutzungsgebühren wohl unumgänglich ist. Zur „Vereinfachung“ wurde der Kindertarif gänzlich gestrichen und in den Ermäßigtentarif integriert. Dies diene der Übersichtlichkeit und entschlacke die derzeit ausgedehnte Tarifstruktur. Damit wurde aber der Eintrittspreis für Kinder und Jugendliche unverhältnismäßig stark erhöht. Diese Erhöhung wurde durch einen Antrag der Grünen dahingehend verändert, dass die Eintrittspreise für Kinder und Jugendliche nach unten angepasst wurden. Danke dafür noch mal an DIE GRÜNEN! Der Bad-Ausschuss der Stadt hatte mehrheitlich diese Vorentscheidung getroffen, die auch noch mal im Rat abgestimmt werden musste. Nur die CDU wollte offensichtlich davon nichts wissen. Ihr studentisches Mitglied Maximilian Voigt glaubte aufgrund seiner Alterserfahrung darauf hinzuweisen, dass für Kinder doch das Teilhabe- und Bildungsgeld bereit stünde und daher ein verringerter Badetarif nicht notwendig sei. Ich kam nicht umhin, diesem äußerst konservativen Nachwuchspolitiker auf der Ratssitzung zu erläutern, was das Bildungs- und Teilhabepaket bewirken soll und was es in der Praxis nicht leistet. Ob er das begriffen hat?

 

Das Integrale Stadt- und Entwicklungskonzept (ISEK) der Stadt Langenhagen ist zwar nicht abschließend rechtlich bindend, wohl aber eine politisch vom Rat gemeinsam verabschiedete selbstbindende Planungsgrundlage. CDU und SPD wollten diese Grundlage, die im Bereich des Flughafens nur eine begrenzte zusätzliche Bebauung vorsieht, aufkündigen und der Flughafengesellschaft in einem zu schaffenden Bebauungsplan „Airport West 2“ großzügige Bebauungsrechte für interessierte Firmen anbieten. Dr. Ronald Kunze (Bündnis 90/Die Grünen) wollte mit einem Änderungsantrag den Verkauf der Industrieflächen am Flughafen mit dem Bezug auf das ISEK deutlich konkretisieren, dieser Antrag – dem auch ich zugestimmt habe - konnte sich aber leider nicht durchsetzen. Es seien wegen des geltenden ISEKS leider bereits Interessenten abgesprungen, so CDU und SPD unisono und den Rest würde dann schon die Verwaltung machen. Süffisant merkte Dr. Mommsen an, dass darunter wohl auch ein großer Rüstungskonzern gewesen sei. Bürgermeister Heuer ergänzte, dass die Verwaltung dort keinen Vorschlag gemacht habe, weil sie das ISEK als Selbstbindung betrachte. Vor diesem Beschluss hatten die Fraktionen einen Besuch beim Airport Langenhagen gemacht, auf Einladung der Geschäftsleitung. Anscheinend wurde dort dieser Deal eingeleitet.

 

Und dann ging es mal wieder um die Feuerwehr und den damit verbundenen Neubau in Godshorn. Der Rat hatte beschlossen, die dafür notwendigen Flächen in Erbpacht von der Entwicklungsgesellschaft Langenhagen (EL) zu übernehmen. Inhaltlich völlig ok. Aber leider sind dem Rat rechtlich die Hände gebunden, weil sich die genannten Flächen in der Hand der EL befinden. Die EL ist zwar eine 100 % GmbH-Tochter der Stadt, aber das GmbH-Recht lässt eine Entscheidung am EL-Aufsichtsrat vorbei durch den Rat der Stadt nicht zu. Aus meiner Sicht war die Entscheidung der Stadt für eine GmbH-Lösung für die EL statt eines städtischen Eigenbetriebes – wie z.B. die Wasserwelt – vor Jahren ein gravierender Fehler, der sich auch an dieser Stelle gnadenlos rächt.

 

 

In der Liberalen GRUPPE im Rat haben sich Marion Hasenkamp von der PARTEI, zwei FDP'ler und Dr. Mommsen seit dieser Legislaturperiode zusammengeschlossen. Marion macht als PARTEI-Frau ab und zu eine satirische Einlage, wie mensch das von der PARTEI gewohnt ist. Jetzt wollte es ihr wohl der FDP-Kollege Röttger nachmachen und wollte die finanzielle Unterstützung für die Städtepartnerschaft von Krähenwinkel mit Stadl-Paura (Österreich) höchstbietend versteigern. Etliche Ratsmitglieder fanden das reichlich befremdlich, Oliver Röttger schien amüsiert und der Ratsvorsitzende Frank Stuckmann (SPD) musste als Versammlungsleiter eingreifen. Insgesamt ging es auf der Sitzung immer mal wieder hoch her und unflätige Worte fielen - sogar der Stinkefinger soll gezeigt worden sein. Gut, dass dann kurz vor 22 Uhr die Ratssitzung endlich zu Ende war.