Mögliche Hybridsitzungen des Rates wegen steigender Corona-Zahlen, Hort oder Ganztagsschule in Kaltenweide und Zukunft der Sommerschule – das waren die Schwerpunktthemen der gestrigen Ratssitzung, die nach der kurzen Septembersitzung mit einer Stunde nun wieder mit rund drei Stunden zur „Normalform“ zurückfand.

 

Zu Beginn der Ratssitzung freute sich der Rat, dass Bürgermeister Heuer nach seinem Herzinfarkt wieder seine Amtsgeschäfte aufnehmen konnte. Dass es Dr. Mommsen von der Liberalen GRUPPE nicht lassen konnte, an anderer Stelle die Arbeit der stellvertretenden Bürgermeister*innen in höchsten Tönen zu loben, um dann wieder nachzutreten „die machen das ja ehrenamtlich, der Bürgermeister wird dafür bezahlt“ blieb eine peinliche Einzelmeinung.

 

CDU-Ratsfrau Claudia Hopfe wurde für 10-jährige Ratsarbeit geehrt – natürlich auch mit dem Langenhagener Honig als kleinem Präsent - und bei der nachfolgenden Neuwahl einer stellvertretenden Bürgermeisterin – als Nachfolgerin der früheren CDU-Ratsfrau Ute Bielmann-Sprung - konnte sie sich ohne weitere Diskussion im Rat in geheimer Wahl klar mit 31:8 gegen ihre Konkurrentin Marion Hasenkamp von der Liberalen GRUPPE durchsetzen.

 

Anwendung der Sonderregelungen nach § 182 NKomVG“ lautete TOP 15 und dahinter verbirgt sich die Möglichkeit für den Rat bei einem „relevanten örtlichen Infektionsgeschehen“ - so der § 182 des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes - auf die Möglichkeit von hybriden Ratssitzungen zurückzugreifen, auch wenn es die bisherige Hauptsatzung des Rates (noch) nicht vorsieht. Angesichts steigender Coronazahlen hatte die Verwaltung auf Anregung aus der Politik einen Beschlussvorschlag erarbeitet, der es Ratsmitgliedern für die nächsten drei Monate freistellen soll, ob sie weiterhin persönlich an den Ratssitzungen teilnehmen oder aus Sorge um ihre und die Gesundheit ihrer Mitmenschen sich von zu Hause per Video in die Ratssitzung einschalten wollen.

 

Den Aufschlag der Diskussion machten Dr. Mommsen sowie für Bündnis 90/Die Grünen Silke Musfeldt. Beide, so schien es, versuchten sich gegenseitig zu übertrumpfen mit ihren Positionen gegen Hybridsitzungen des Rates a la „Die Corona Pandemie sei vorbei, die Corona-Zahlen in der Region gingen runter, das sei nur noch wie eine normale Grippe und man könne auch wieder ungeschützt zu Schützenfesten und Parties gehen...“ Ratsherr Eilers legte später noch eine Schippe drauf und unterstellte, dass offensichtlich einige Ratsmitglieder lieber bequem liegend von der Couch aus an der Ratssitzung teilnehmen würden, als sich in den Sitzungsraum begeben zu müssen. Das mache keinen guten Eindruck bei den Bürgern.

 

Gerade mal drei Tage nach meiner zweiten Corona-Erkrankung wieder freigetestet, machte ich meinem Unverständnis über die vorangegangenen – aus meiner Sicht stark verharmlosenden Äußerungen bzgl. Corona – deutlich Luft. Ich erinnerte daran, dass auch nach überstandener Corona-Infektion viele Menschen mit den gesundheitlichen Folgen von Long-Covid zu kämpfen haben, und dass es ein gravierender Unterschied sei, ob mensch zum Schützenfest gehe und dort bei der Menschenansammlung das Risiko einer Corona-Infektion freiwillig in Kauf nehme oder als gewähltes Ratsmitglied persönlich an den Ratssitzungen teilzunehmen und so unfreiwillig ein Corona-Risiko für sich selbst und/oder seine Mitmenschen zu riskieren. Daher sind Hybridsitzungen aus meiner Sicht äußerst sinnvoll, da dann jede und jeder frei entscheiden kann.

Bürgermeister Heuer informierte, das lt. Region die Inzidenz nicht bei 300 – 400 liege, sondern nach deren Schätzungen bei rund 2.000. Dazu titelt übrigens die heutige HAZ-Ausgabe vom 11.10.22 im Hannoverteil: „Corona: Hospitalisierungsrate in vier Wochen mehr als verdoppelt“. So weit dazu, dass es mit der Pandemie angeblich vorbei sei. SPD und CDU unterstützten ebenfalls den Antrag für Hybridsitzungen des Rates in den nächsten drei Monaten und SPD-Ratsfrau Anja Sander brachte es auf den Punkt: „Wir haben Verantwortung für unser Leben und das Leben der anderen.“ Mit 26 Ja, 13 Nein und 1 Enthaltung gab es eigentlich eine klare Mehrheit für hybride Ratssitzungen, aber da Hybridsitzungen (noch) nicht in der Hauptsatzung stehen, bedarf es gemäß § 182 NkomVG einer 2/3-Mehrheit aller Ratsmitglieder – das wären 29 gewesen. So haben die Liberale GRUPPE, Bündnis 90/Die Grünen und die AfD gemeinsam mit Ratsherrn Eilers Hybridsitzungen des Rates in den nächsten 3 Monaten verhindert.

 

Mit großer Mehrheit stellte sich der Rat hinter einen Resolutionsentwurf des Niedersächsischen Städtetages, der die Gewährleistung der Umsetzung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter einfordert. Ich habe den Wahlsieger*innen der Landtagswahl von Grünen und SPD und insbesondere dem Ratsmitglied und neuem Landtagsabgeordneten Tim Wook gratuliert und meine Erwartung geäußert, dass die neue SPD-Grüne Landesregierung endlich diesen Rechtsanspruch durchsetzt, was die vorherige Regierung auch versprochen, es aber nicht umgesetzt hat.

 

Ein längerer Diskussionspunkt war die Verlängerung des Hortangebotes in den Containern am Standort Kaltenweide. Jessica Golotka von der CDU berichtete, dass es im Jugendhilfeausschuss eine sehr gute Zusammenarbeit für ein breites Votum gegeben habe, um die Containersituation baldmöglichst beenden zu können mit Blick auf eine Ganztagsschule. Das war das Stichwort für die Ratsvertreter Eilers und Dr. Mommsen, die unisono – und nicht zum ersten Mal - penetrant behaupteten, dass die Eltern in Kaltenweide eine Ganztagsschule ablehnen und lieber einen Hort haben möchten. Das hielt Jessica Golotka nicht mehr auf ihrem Platz. Sie habe mit vielen Alleinerziehenden und auch etlichen berufstätigen Eltern gesprochen, die sich für eine Ganztagsschule in Kaltenweide ausgesprochen hätten. Nur „alte weiße Männer“, die ihren Frauen den Haushalt und die Kinderbetreuung überlassen und die sich die teuren Hortgebühren leisten können, würden behaupten, dass in Kaltenweide eine Ganztagsschule nicht gewünscht sei. Eine sehr engagierte Replik der CDU-Ratsfrau, der ich deutlich Beifall geklopft habe. Der dieser Beschreibung des alten weißen Mannes doch recht nahe kommende Dr. Mommsen wies eine solche Behauptung anschließend erbost zurück.

 

Und dann noch eine besondere Peinlichkeit kurz vor Ende der Ratssitzung. Eine Beschlussvorlage sah vor, dass das engagierte Pilotprojekt Sommerschule aus 2022, das in den Ferien ein freiwilliges zusätzliches Angebot für Schüler*innen vorsieht, auch 2023 fortgeführt werden soll. Kosten für die Stadt: 3.600 €, da über das Landesprogramm "LernRäume" 90% der Kosten übernommen werden. Der Antrag muss nur gestellt werden. Die Liberale GRUPPE wandte sich gegen den Beschluss – das sei eine freiwillige Leistung, die ins Haushaltssicherungskonzept gehöre und über die dann ggf. später positiv zu entscheiden sei. Kleinkarierter geht es kaum noch. Überschlagsmäßig bedeuten die 3.600 € = 0,0008 % des Langenhagener Haushalts von 2022. Gegen die „liberalen 4“ beschloss der Rat mehrheitlich die Fortführung der Sommerschule. Die CDU machte allerdings darauf aufmerksam, dass die Landesregierung nicht aus ihrer Verantwortung entlassen werden dürfe und enthielt sich daher der Stimme.

 

Im letzten Tagesordnungspunkt monierte die Liberale GRUPPE die ihrer Meinung nach zu hohen Friedhofsgebühren in Langenhagen. Auch die müssten im Haushaltssicherungskonzept auf den Prüfstand. Was Ratsherr Röttger von der Liberalen GRUPPE mit „Sterben muss einfach attraktiver werden“ kommentierte. Das lasse ich jetzt einfach mal so unkommentiert im Raum rum stehen.