Nachdem die Ratssitzung am 22.02.2021 nach über 3-stündiger Dauer unterbrochen worden war, wurde gestern Abend in einer knappen Stunde der Rest erledigt. Neben der Kenntnisnahme mehrerer unstrittiger Informationsvorlagen und der schon gewohnten Polemik von Dr. Mommsen (BBL) gegen die Verwaltung und insbesondere den Bürgermeister wie „massive Unregelmäßigkeiten“, „unrechtmäßige Nebentätigkeiten“, „verschwundene Akten“ und ähnlichem, auf die der Rat aber nicht reagierte, gab es aus meiner Sicht drei Tagesordnungspunkte, von denen ich bisher annahm, dass der Rat Langenhagen inhaltlich, sozial und ökologisch schon mal weiter war.

 

In einer Drucksache der Verwaltung wurden zwei Varianten zur Vergabe der Kindertagespflege vorgestellt. Variante a) regelte, dass die Kindertagespflege bei der Trägerin - der Stadt Langenhagen – bleibt, aber mit selbstständigen Kindertagespflegepersonen durchgeführt werden soll. Variante b) – die schon im Vorfeld die Mehrheit der Stimmen hatte, wollte die Vergabe der Tagespflege an einen freien Träger vergeben, der seinerseits an selbstständige Tagespflegemenschen vermittel. Variante a) schien mir nicht nur angesichts des realen Mangels an Fachkräften im eigenen Bereich die bessere der beiden schlechteren Lösungen, wobei beide Varianten meiner Meinung nach zumindest etwas nach Scheinselbstständigkeit riechen. (Grundsätzlich liegt eine Scheinselbstständigkeit vor, wenn eine erwerbstätige Person als selbstständige*r Unternehmer*in auftritt, obwohl sie von der Art ihrer Tätigkeit her zu den abhängig Beschäftigten zählt und auf Dauer nur für eine*n Auftraggeber*in tätig ist). Perspektivisch ist aus meiner Sicht eine vollständige kommunale Hoheit über Inhalt und Personal die einzige vernünftige Alternative. SPD und CDU wollten aber nicht mal die „halbe“ öffentliche Lösung mitmachen und plädierten für die vollständige Abgabe an einen freien Träger. Ein kleiner – wenig eleganter - Trick, die Personalkosten zu reduzieren. Dass dafür die Erstattungen an den freien Träger mit unbekannten Arbeitsbedingungen in der Summe für die Stadt sicherlich teurer werden, wollen sie wohl lieber nicht sehen.

 

Es lag ein Vorschlag der Verwaltung vor, die Reinigung im Schulzentrum Langenhagen weiterhin fremd zu vergeben anstatt sie in Eigenregie zu betreiben. Bereits im April 2019 (siehe meinen Ratssplitter Nr. 27 - https://felicitasweck.de/) war ich mit meinem Antrag im Rat gegen die Lobby aus CDU, Grünen/Unabhängigen, AFD, FDP, BBL und WG-AfL gescheitert, angesichts einer massiven Mängelliste bei der Reinigung durch Fremdfirmen in den Schulen eine kommunale Eigenreinigung zu priorisieren. Nur die SPD unterstützte mich damals.

Auch diesmal stand die Privatisierungsgemeinschaft, nur dass sie noch zusätzlich durch die SPD verstärkt wurde. Eigentlich sei Eigenreinigung ja unterstützenswert, aber die Verwaltungsvorlage sei so spät gekommen, so dass ihnen nichts anderes als eine Fremdvergabe übrigbliebe, so versuchte Ratsmitglied Langrehr für die SPD diese Zustimmung zu rechtfertigen. Bündnis 90/Die Grünen legten noch eine Privatisierungsschippe drauf und verlängerten die Fremdvergabe von 2 Jahren optional noch um ein drittes. DIE LINKE gegen den Rest des Rates hieß es dann bei der Abstimmung, und die privaten Saubermänner dürften frohlocken.

 

Ein politisch sehr breites Bündnis von SPD, CDU, BBL, Grünen/Unabhängigen und der LINKEN hatte im September 2020 ein engagiertes Klimapaket vorgelegt ( siehe Ratssplitter Nr. 41), auf das wir mit Recht stolz sein können und um das uns andere Kommunen beneiden. Von Teilen der Stadtverwaltung wurde das nicht so euphorisch gesehen. Sie gaben mehrere 1.000 € für ein Rechts“gut“ achten eines Braunschweiger Anwaltsbüro aus, mit der Begründung „dass es fünf Meinungen dazu in der Verwaltung gäbe“. Dieses Anwaltsbüro – unbestritten fit im Bauplanungsrecht - bewertete einige unserer gemeinsamen Klimaforderungen schlicht als nicht möglich und rechtswidrig. Ein besonderes „Deeplight“ des Braunschweiger Gutachtens: „ Die Vorgabe, ausschließlich Photovoltaik und Solarthermie für Strom und Warmwassererzeugung zu nutzen, dürfte aus tatsächlichen Gründen (ausreichende Sonne ?) fraglich sein.“ Damit haben sie doch gleich bewiesen, welch Geistes Kind sie sind. Und es waren dann gestern ausgerechnet die Grünen, die dieses unnütze Gutachten aus Braunschweig als vorbildhaft lobten - ökologische Politik sieht gänzlich anders aus.

Ich hatte mich im Vorfeld dieser Ratssitzung mit der Niedersächsischen Klimaagentur (KEAN) in Verbindung gesetzt, die eigens für die Kommunen ökologische Hilfestellungen für den kommunalen Klimaschutz gibt und die das deutlich anders sieht als die Braunschweiger Anwälte. Ich habe übrigens von der KEAN eine detaillierte Handlungsempfehlung für den kommunalen Klimaschutz erhalten – natürlich entgeltfrei -, mit der ausdrücklichen Zusage, dass ich es an die Langenhagener Verwaltung weitergeben kann. Ich hoffe, dass das zu mehr ökologischer Verantwortung bei Teilen der Verwaltung und des Rates beiträgt. Und die unnötige Geldausgabe für das „Gut“achten hätte sich die Stadt damit auch sparen können.