Ein gefühlvoller Abschied stand nach meinem Empfinden im Vordergrund dieser Ratssitzung, auf den wir aber leider etwas warten mussten. Auf dieser Ratssitzung wurde nämlich das Geschäftsordnungs- und Abstimmungschaos auf einen weiteren Höhepunkt getrieben - bei der Verabschiedung der Tagesordnung wie auch bei der Abstimmung meines Antrages zum Livestreaming der Ratssitzungen. Doch immer schön der Reihe nach: Es war die zweite Ratssitzung, die im Zeichen der Corona-Pandemie in der Aula im Schulzentrum stattfand. Ich befürchte, es werden noch viele Sitzungen in dieser Form stattfinden, bevor die Welt in die gefühlte Normalität zurückfindet.

Nicht normal war auch das Gezerre um die Tagesordnung, das von der Sitzungsleitung ausging, aber dankbar von den beiden großen Fraktionen aufgenommen wurde. Es ging um die Aktuelle Stunde „Vertrauen einbringen/Vertrauen verspielen - ein Faktencheck aus aktuellem Anlass“ die von der BBL beantragt wurde. Die Ratsvorsitzende Ulrike Jagau teilte der Versammlung mit, dass die Aktuelle Stunde gestrichen werde. Begründet wurde dieses vom stellvertretenden Ratsvorsitzenden Veltrup, der darauf hinwies, dass nach seiner Ansicht der Antragsteller für diese Aktuelle Stunde kein Thema benannt habe und dass es daher nicht behandelt werden müsse. Bestätigt wurde er vom Fraktionsvorsitzenden der SPD und auch in den Reihen der CDU wurde eifrig mit dem Kopf genickt. Aber auch Widerspruch wurde angemeldet, nicht nur vom Antragsteller Dr. Mommsen, sondern sehr unaufgeregt und rechtlich korrekt, vom Fraktionsvorsitzenden der Gruppe Grüne/Unabhängige Musfeldt, der darauf hinwies, dass die Aktuelle Stunde/Aktuelle Aussprache letztlich nicht einfach so per Beschluss von der Tagesordnung genommen werden könne, egal was man vom Thema halte. Eine aktuelle Stunde sei ja bewusst als Minderheitenschutz in der Geschäftsordnung des Rates vorgesehen. Das entspricht auch meiner Auffassung, sie ist eine Kurzdebatte über eine bestimmte kommunale Angelegenheit von allgemeinem und aktuellem Interesse und muss lt. Geschäftsordnung auf Antrag einer Fraktion, des Bürgermeisters oder mind. eines Drittels der Ratsmitglieder durchgeführt werden. Die Antragsteller*innen benennen das Thema und die anderen Ratsmitglieder können sich dazu verhalten – oder es eben lassen, wenn sie der Meinung sind, dass es nichts Wichtiges ist.  Aber nach dem Motto „Was schert mich die Geschäftsordnung“ wurde über den Antrag auf Löschung der Aktuellen Stunde abgestimmt, die beiden großen Fraktionen waren sich da einig. Da kommt dann die Minderheit des Rates nicht gegen an. Schon an dieser Stelle hätte ich mich über eine deutlichere rechtliche Aussage der Verwaltung zu dem Antrag gefreut. Aber da ist unsere Verwaltung leider oft sehr zögerlich und überlässt das lieber der Politik.

Dem Tagesordnungspunkt „Wechsel im Verwaltungsvorstand“ war keine Drucksache angehängt. Ich dachte es mir schon, dass es um den Abschied der ersten Stadträtin und Sozialdezernentin Monika Goetzes-Karrasch ging. Das muss aber nicht jeder/jedem so gegangen sein, denn in seiner Abschiedsrede konnte sich BM Heuer den zarten Seitenhieb nicht verkneifen, dass es da schon Nachfragen zu gegeben habe, was denn da mal wieder am Rat vorbeigegangen wäre.

Mirko Heuers Abschiedsrede zeigte angenehm detailfreudig den beruflichen Weg auf, den Frau Goetzes-Karrasch 30 Jahre lang in der Verwaltung von Langenhagen gegangen ist und hob in seiner liebevollen Würdigung besonders hervor, dass Monika Goetzes-Karrasch sich immer von dem Wunsch nach Gerechtigkeit habe leiten lassen. Die Ratsmitglieder spenden Standing Ovations, was ich in diesem Rat bisher noch nicht erlebt habe.  

Ich möchte diesen Blog nutzen, mich auf diesem Wege bei Frau Goetzes-Karrasch zu bedanken und ihr für ihre berufsfreie Zeit alles Gute zu wünschen. Sie und ich haben eins gemeinsam: Wir gehen in einer Zeit in den Ruhestand, in der die rauschenden Abschiedsfeiern leider ausfallen.

Die nächste Unruhe entstand, als Wilhelm Behrens in einer persönlichen Erklärung – die meiner Meinung nach keine war – rügte, dass die letzte Ratssitzung mitgeschnitten und Tonaufnahmen verschickt worden seien. Er sehe darin einen Geschäftsordnungsverstoß. Aus einer kurzen Entgegnung des Bürgermeisters konnten wir dann vernehmen, es sei eine Aufnahme mit einem Smartphone gewesen, so dass eine Redakteurin der Presse auf diese Weise an der Sitzung hätte teilnehmen können. Aus meiner Sicht völlig ok – insbesondere derzeit und ohne Livestream 😉 -, aber das sieht eben nicht jede und jeder so.

Nach der Abarbeitung weiterer Tagesordnungspunkte kamen wir dann an den von mir mit Spannung erwarten TOP für meinen Antrag zur Übertragung der Ratssitzungen per Livestream. Hier kann meine Rede dazu nachgelesen werden.

Die Reaktionen der Ratsmitglieder waren wie erwartet unterschiedlich. Die Unterstützer*innen dieses Antrages hoben den demokratischen Aspekt hervor und dass es so möglich sei, auch dann an den Sitzungen teilzuhaben, wenn ein Besuch der Ratssitzung - aus welchen Gründen auch immer – nicht möglich sei. Bei den Gegnern herrschte die Ansicht vor, wer Interesse habe, könne ja kommen und nicht alles, was technisch möglich sei, solle auch gemacht werden. Insbesondere die Angst vor Deepfakes wurde immer wieder genannt. (Anmerkung von mir: Deepfakes werden genutzt, um Politiker auf Videoportalen oder Imageboards falsch darzustellen. So wurde zum Beispiel das Gesicht des argentinischen Präsidenten Mauricio Macri durch das von Adolf Hitler oder das von Angela Merkel durch das von Donald Trump ersetzt – ob wir Politiker*innen im Rat von Langenhagen wohl auch so wichtig sind?).

Ein Ratsherr verwies darauf, dass ja die Arbeit des Rates doch sowieso so was von transparent sei, da brauche man diesen Livestream doch gar nicht. Die Drucksachen und Protokolle seien öffentlich und jeder könne das Abstimmungsverhalten sehen. Zum Schluss seiner Rede beantragte er dann die geheime Abstimmung über diesen Antrag – so viel zur Transparenz.

Bizarr ging es dann zu, als es um die Abstimmung ging. Schon im Verwaltungsausschuss war da wohl schon kräftig diskutiert worden. Die Ratsvorsitzende nahm aber darauf und auf meinen Abstimmungsvorschlag keine Rücksicht und wollte einfach mal rasch die Anträge der Reihe nach abstimmen. Also waren wir schnell wieder in der Diskussion, wie denn nun was abgestimmt wird. Ich bin nach wie vor unsicher, warum hier so chaotisiert wurde. Zwischen Absicht, unzureichender Flexibilität oder augenscheinlichem „Unvorbereitetsein“ ist alles möglich. Jedenfalls wurde nach einigem Hin- und Her dann doch auf meinen Vorschlag eingegangen, einfach den Antrag zu nehmen, der im VA diskutiert wurde. Ein Prüfauftrag an die Verwaltung, in Anlehnung an den Änderungsantrag der Verwaltung zu meinem Antrag.  Das Ablehnungszünglein an der Waage war dann Ratsherr Eilers, der sich zwar vordergründig für den Livestream ausgesprochen hatte, es aber als „tricky“ empfand, dass in dem Antrag nichts von den zu erwartenden Kosten stünde und  sich der Stimme enthielt. Die Abstimmung ergab 17:17:1 (Bürgermeister, SPD, Linke, BBL und FDP gegen CDU, Grüne/Unabhängige und AfD) – also abgelehnt. Wenn meine Erinnerung nicht trügt, hatten sich im Vorfeld mindestens ein CDU-Ratsmitglied in den „Sozialen Medien“ für einen Livestream ausgesprochen. Aber was sagte schon weiland ihr berühmter Gründervater Konrad Adenauer: „Was stört mich mein Geschwätz von gestern“.

Dieses Ergebnis ist zwar schade, weil wir nun immer noch keinen Livestream der Sitzungen bekommen, aber es gibt weiterhin Hoffnung auf ein nächstes Mal, war doch das Ergebnis für diesen Antrag schon deutlich besser, als beim letzten Mal, wo er mit 11:23:3 abgelehnt wurde.  Aber knapp vorbei ist eben auch daneben. Und frühestens in einem Jahr kann ein zuvor abgelehnter Antrag lt. Geschäftsordnung wieder eingebracht werden.