Wegen einer wichtigen, unaufschiebbaren und sehr spannenden Dienstreise konnte ich leider an der letzten Ratssitzung am 04.11.2019 nicht persönlich teilnehmen. Leider? So ist mir zumindest der absolute Tiefpunkt der bisherigen Ratssitzungen entgangen, bei dem einige wenige dafür Verantwortung tragen, dass der gesamte Rat in der Öffentlichkeit als Ort der Streiterei, der Pöbelei gegen die Verwaltung, der verletzten Eitelkeiten und der unerträglichen Selbstdarstellung dargestellt wurde. Ich wiederhole es an dieser Stelle gerne noch mal, was ich auf der gestrigen Ratssitzung gesagt habe: „Der Großteil von uns Ratsmitgliedern arbeitet ernsthaft und zielgerichtet zum Wohle unserer Stadt und das wollen wir auch so beibehalten“, und wenn darauf so nicht in der „öffentlichen Berichterstattung“ hingewiesen wird, will ich es jetzt wenigstens hier tun.

In der Woche nach meiner Rückkehr von der Dienstreise haben wir in einer Runde der Antragsteller*innen der zahlreichen Klimaanträge (SPD, CDU, Grüne/Unabhängige, BBL und Linke) zusammengesessen und uns auf den Entwurf eines gemeinsamen Klimapaketes geeinigt, das nun erneut in den Fraktionen beraten wird und dann demnächst (wann auch immer) im Rat verabschiedet werden soll. Eine solidarische Zusammenarbeit geht also, selbst bei diesem breiten politischen Spektrum.

Die gestrige Ratssitzung wurde überdurchschnittlich gut besucht, so dass sogar ein Teil der Besucher*innen wegen Brandschutzbestimmungen in den Vorraum ausweichen musste. Wie sich in der Einwohner*innenfragestunde herausstellte, war ein Großteil von ihnen wegen der z.T. unerträglichen Bedingungen in den Kitas gekommen und machte ihrem Ärger entsprechend Luft. Eltern hätten Angst, dass sie vor der Tür stehen, weil die Kita wegen Personalausfalls geschlossen ist, KiTa-Kräfte würden wegen besserer Bezahlung zur Landeshauptstadt wechseln und in der Kita Veilchenstraße dringe der Regen durch kaputte Fenster; es bilde sich Schimmel und Kinder und Erzieher*innen erkranken. Die Verwaltung schilderte, was alles unternommen wird, um die Kita-Bedingungen zu verbessern, aber in der nassen Novemberzeit ließen sich plötzliche krankheitsbedingte Ausfälle von KiTa-Kräften leider nicht verhindern, auch wenn die Stadt schon einen Springer*innenpool eingerichtet habe. Die bessere Bezahlung der KiTa-Kräfte in der Landeshauptstadt Hannover (LHH), so die erste Stadträtin Frau Gotzes-Karrasch, beruhe auf dem „Trick“ der LHH, das gesamte Stadtgebiet der Landeshauptstadt als sozialen Brennpunkt einzustufen. Dies wolle Langenhagen nicht (Anmerkung meinerseits: Darüber sollte mensch zumindest mal diskutieren, wenn es nützt, bessere Kita-Betreuung zu bekommen?). Dem akuten Problem in der KiTa Veilchenstraße, das der Verwaltung nicht bekannt sei, werde die Verwaltung unverzüglich nachgehen, so Bürgermeister Heuer. Frau Golotka von der CDU verwies noch darauf, dass große Hoffnungen auf die in Langenhagen geplante Fachschule für Erzieherinnen des Landes Niedersachsen gesetzt werden, von der die Verwaltung dann direkt Kita-Personal beziehen könne. Doch da erst die Planungen für diese Schule laufen, wäre das eine Option für spätere Jahre.

Nicht clever – sondern Dr. Klever von der AfD, so könnte mensch den weiteren Verlauf der heutigen Ratssitzung bezeichnen. Turnusgemäß verabschiedete der Rat – ohne Gegenstimme – die Protokolle der beiden letzten Ratssitzung, bis Dr. Klever zwei Tagesordnungspunkte später „plötzlich“ einfiel, dass er gegen das Protokoll der letzten Sitzung, wo er sich mit der CDU-Fraktionsvorsitzenden Frau Golatka angelegt hatte, Einspruch erheben wollte und das Tonbandprotokoll, das lt. Verwaltung rechtlich nur bis zur Genehmigung des Protokolls aufbewahrt werden darf, für eine rechtliche Auseinandersetzung mit Frau Golotka benötige. Der Ratsvorsitzende Friedrich musste ihn mehrfach energisch belehren, dass der TOP „Protokollgenehmigung“ bereits abgehakt sei. Ja, wer zu spät kommt…. Gegen Ende der Ratssitzung zog die AfD (gefrustet?) auch ihren Antrag auf eine Ratssondersitzung zur Diskussion der Vorfälle auf der Ratssitzung am  04.11. zurück. Schon zuvor hatten sie ebenfalls ihren Antrag „Wird es bis 2050 nach heutigem Kenntnisstand durch den Klimawandel eine Bedrohung für die Eisbären-Population geben?“ auf der Sitzung des Verwaltungausschusses vor der gestrigen Ratssitzung zurückgezogen. Übrigens ein Antrag, der entweder deutlich zeigt, dass es der AfD an kommunalpolitischem Knowhow fehlt, oder dass ich nur keine Ahnung habe, wo in Langenhagen die Eisbären ihre Höhle haben.

Letztmalig AfD in diesem Ratssplitter: Sie hatten für heute einen Antrag auf eine aktuelle Aussprache zu der schon erwähnten Ratssitzung am 04.11.eingebracht. Dr. Klever beschwerte sich bitterlich, dass Jessica Golotka von der CDU mit dem Bezug auf Höcke und Konsorten die AfD als faschistisch und rechtsradikal bezeichnet habe (für diese Einschätzung gab es Applaus aus dem Publikum, was in Ratssitzungen nicht gestattet ist). Und jede Partei habe doch Mitglieder in ihren Reihen, die dort nicht wohlgelitten seien, beispielsweise Thilo Sarrazin in der SPD und Claudia Roth bei den Grünen. Dabei seien die „niedersächsischen AfD’ler“ doch so anders. Außerdem habe der Ratsvorsitzende Friedrich ihm zu Unrecht das Wort entzogen.

Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte darauf niemand reagieren müssen, wir wären zum nächsten Tagesordnungspunkt gekommen und hätten so ein wenig die Ratssitzung beschleunigt, denn aus solch einer Debatte kann nichts Vernünftiges wachsen. Doch SPD-Fraktionschef Dr. Koehler griff stattdessen den Ratsvorsitzenden Friedrich an, weil dieser wohl offensichtlich gegen die Geschäftsordnung Herrn Dr. Klever das Wort am 04.11. entzogen habe. Die AfD applaudierte; so eine Reaktion hatten sie mit ihrem Antrag erreichen wollen. Das Ratsmitglied Eilers sprang der AfD sogar inhaltlich zur Seite. Da die Diskussion zur Aktuellen Stunde der AfD nun im vollen Gange war, machte Dirk Musfeld von den Grünen deutlich, dass, wenn Klever die Politik der Höckes, Weigels und Gaulands ablehne, er dann halt die AfD verlassen müsse. Punktum. Eigentlich wollte ich mich an der AfD-Diskussion gar nicht beteiligen. Aber dann habe ich in einem kurzen Redebeitrag die Ausführungen von Dirk Musfeldt unterstützt und noch mal klar gemacht, dass trotz des Verhaltens einiger, die überwiegende Ratsmehrheit engagiert und sachbezogen arbeite, worin mich auch Irina Brunotte von der SPD bestärkte.

Und noch was: Mensch kann die zuweilen ungeschickte und wenig von Kenntnis der Geschäftsordnung geprägte Sitzungsleitung durchaus kritisieren, auch wenn dies aus meiner Überzeugung nicht absichtlich passiert, aber damit der AfD – wie von Dr. Koehler (SPD) praktiziert – eine Steilvorlage zu geben, das geht gar nicht!

Die geplante Aufstockung der Leibniz-IGS (ehemalige Robert-Koch-schule) mit einer Mensa sorgte dann noch mal für eine Debatte, weil insbesondere Dr. Mommsen als „gelernter Statiker“ die auf den 1. Stock aufzusetzende Mensa als nicht stabil bezeichnete, was er mit dramatisch schwankender Gestik unterstrich. Für mich reine Panikmache, um der Verwaltung einen auszuwischen. Das wurde von Baudezernet Hettwer klar zurückgewiesen.

Hoch her ging es dann bei den Informationsdrucksachen zur Betriebsabrechnung 2018 der VHS, der Stadtbibliothek und der Musikschule. Die BBL, die Ratsvertreter Eilers und Behrens und auch die FDP drangen darauf, die Kosten für die Bibliothek zu senken, sie zu verkleinern und einen höheren Grad der Kostendeckung zu erreichen. Letzteres bedeutet nichts anderes als höhere Gebühren für Bildung. Das wollte ich so nicht stehen lassen und habe darauf verwiesen, dass gerade Kinder und Jugendliche eine gute Bildung brauchen, und mensch hier nicht den Rotstift ansetzen dürfe. Die Mommsensche/Eilersche Replik kam prompt: Die LINKEN wollen nur Geld ausgeben und es wäre ihnen egal, wann und wie es bezahlt werden könne. Eine Stellungnahme auf diesen Angriff habe ich mir verkniffen. Auf meine Antwort können sie noch ein bisschen warten, die gebe ich dann in der Haushaltssitzung. Der SPD-Bildungsexperte und langjährige IGS-Leiter Wolfgang Kuschel "lief sauer" gegen die selbsternannten Anti-Bildungs-Sparkommissare. Er griff in die Historien-Kiste und berichtete von einem dänischen König aus dem 17. Jahrhundert, der nach einem verlorenen Krieg die Konsequenz zog, alles Geld in die Bildung zu stecken, damit sowas nicht wieder passiere. Ja, aus der Geschichte lernen heißt siegen lernen.

Einen ersten Vorgeschmack der für die Dezembersitzung vorgesehenen Beratung des Haushalts 2020 gab es unter TOP 27 „Investition- und Schuldenentwicklungsplan 2020 – 2029“. So steigen nach heutiger Sicht die Kosten für Investitionen bis 2029 auf 600 Mio. € an, die Schuldenlast der Stadt auf über 400 Mio. €.  Das muss sicherlich vermieden werden, doch über das „wie“ werden wir uns in den Haushaltsberatungen intensiver auseinandersetzen. Bürgermeister Heuer machte sehr deutlich, dass alle Investitionsvorhaben der Stadt dem Rat in der ersten Planungsphase in verschiedenen Kostenvarianten vorgelegt werden, so dass der Rat dann entscheiden könne, welchen Weg er beschreite. Wenn allerdings dann in der fortgeschrittenen Planung – wie z.B. beim Gymnasium-Neubau – immer wieder bauliche Nachforderungen kämen, würde sich das Bauvorhaben insgesamt deutlich verteuern.

Für mich ist diese Argumentation nachvollziehbar. Mensch braucht sich nur die Geschichte der Wasserwelt anzuschauen, die vor meiner Ratstätigkeit beschlossen wurde und bei der der Rat aus Kostengründen auf ein sicherlich sinnvolles Außenbecken oder zumindest die dafür notwendige Infrastruktur für einen späteren Ausbau verzichtete – und im Gegenzug das Freibad Godshorn plattmachte. Den nachträglichen Versuch der Verwaltung, jetzt noch für mind. 5 Mio. ein Außenbecken auf dem Gelände der Wasserwelt zu errichten, hat der Rat am 04.11.2019 aus Kostengründen abgelehnt, was ich nachvollziehen kann. Ich kann mir nicht verkneifen darauf hinzuweisen: Hätte man vor Jahren schon die dafür notwendige Infrastruktur errichtet, käme das deutlich günstiger…

Spannend in der Ratsarbeit bleiben die Diskussionen zum Haushalt, der noch dieses Jahr verabschiedet werden soll. Ich unke mal: das sehe ich noch nicht, denn bis jetzt lag nur ein Antrag von SPD, BBL und Grünen/Unabhängigen vor, mit dem die Verwaltung beauftragt wird, den Haushaltsplanentwurf 2020 und die mittelfristige Planung mit dem Ziel zu überarbeiten, das Haushaltsergebnis und die geplanten Ergebnisse der mittelfristigen Planung spürbar zu verbessern. Aber vielleicht bin ich ja zu pessimistisch eingestellt.